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Brauchen wir eine neue technologische Schüchternheit?

“Amish-Futurismus”: Eine radikale Art, über die der Technik von Morgen nachzudenken.

lickr / CsYork65 / Amish Kitchen / CC BY-SA 2.0

Flickr / CsYork65 / Amish Kitchen / CC BY-SA 2.0

Was richtet die digitale Technologie tatsächlich IN UND MIT uns an?
Welche Auswirkungen hat die Online-Welt auf unsere Beziehungen, auf unser Wissen, auf die Gesellschaft, auf unseren MIND?
Wie, zum Teufel, können wir die digitale Technologie SO nutzen, dass sie das, was das HUMANE verstärkt, anstatt uns zu Sklaven von Geräten und Systemen zu machen?

Diese Fragen liegen heute laut und störrisch auf dem Tisch. Nach einer Phase der technologischen Wunder, als Computer so ziemlich alles zu lösen versprachen - von der Langeweile über  Gesundheits- Partnerschafts-und Produktivitätsproblemen bis zur Sinnfrage, - ist Ernüchterung eingetreten. Längst leben wir in der Phase der Digitalen Revision, auch wenn Medien und Digital-Lobbyisten immer noch das alte, heroische Internet-Pathos verkünden. Immer mehr Firmen entkoppeln ihre Mitarbeiter von der elektronischen Dauerpräsenz. Vor allem die Jüngeren fliehen FACEBOOK. Die “Vershitstormung” öffentlicher Debatten führt dazu, dass in den Kommentarräumen  Nerds und Trolls zunehmend unter sich bleiben. In den USA ist bereits eine regelrechte Offline-Welle ausgebrochen: “Digital Detox” und “Unplug!” sind regelrechte Bewegungen geworden.

“Digitale Technik scheint uns in Zombies zu verwandeln. Wenn ich sie längere Zeit benutze, mag ich nicht, was das mit mir macht. Mein MIND wird unkonzentriert, zerfahren, unglücklich. Ich empfinde regelrecht Ekel und Überdruss. Das Digitale  verändert unsere Aufmerksamkeitsmuster. Den Dopamin-Schub, den man beim Einloggen in Facebook erhält führt zu ernsthaften Impuls-Kontroll-Problemen. Unsere Fähigkeit, einen Zusammenhang durch Lesen zu verstehen, ist in einem Zeitalter bedroht, in dem “Scannen” und “Skimmen” zur vorherrschenden Rezeption wird.” -Alexa Clay, The Amish Futurist

Die Amish sind eine christliche Gemeinschaft, die seit 1630  mit Kutschen und Holztechnologie in einer agrarischen Lebensweise lebt. Mitten in Amerika, dem Land der Zukunft und des gnadenlosen Fortschritts. Die Häuser der Amish sind nicht ans Stromnetz angeschlossen, ihre Familien groß, fürsorglich, streng und religiös. Jeder Amish kann die Gemeinschaft verlassen, es handelt sich, trotz mancher Glaubenskonflikte, keineswegs um eine terroristische Gehirnwäsche-Sekte, sondern um eine offene Gemeinschaft. Erstaunlicherweise scheint die Zahl der Amish - immerhin 250.000 - sogar zuzunehmen.

Doch die Amish sind nicht einfach nur anachronistische Überbleibsel, die im Geiste noch im 18. Jahrhunderts leben. Sie kennen die moderne Konsum- und Medienwelt durchaus. Sie sind gebildet und meist dreisprachig: Deutsch, Amish-Dialekt (eine Art holländisch), Englisch. Sie wissen über Verhütung Bescheid, auch wenn sie sie wenig praktizieren. Sie sind auch keine Technik-“Verweigerer”. Amish haben vielmehr eine Kultur der bewussten TECHNOLOGISCHEN SELEKTION entwickelt: Sie  nutzen Technologie nur dann,  wenn sie das Gefühl haben, dass dies der Gemeinschaft nützt. So findet man beim rituellen Hausbau benzingetriebene Kettensägen, Elektrizität und Batterien werden für einige Geräte autonom benutzt. Auf den befestigten Straßen der Amish-Siedlungen fahren Kinder Inline-Skater und Fahrrad. Amish nutzen elektrische Blinker an ihren Kutschen und versehen ihre Traktoren mit Stahlrädern. Sie fahren Bus, Schiff und Zug, wenn sie sich in Gruppen bewegen. Sie beharren aber darauf dass Individual-Autos, Fernsehen und Smartphones etwas genuin Sündiges in sich tragen sind.

“Digitale Technologie lässt uns Sünden auf Autopilot begehen. Sünden sind in das Design des Internet eingebaut. Auf Facebook ist meine Handlungsoption auf ein “like” reduziert; meine Eitelkeit und mein Narzissmus werden damit ermutigt. Ich mache mich selbst zu einer Ware, und kommuniziere mit anderen als Ware oder Marke. Aber im echten Leben kann man kann nicht einfach einen Browser schliessen, wenn man eine Frustration erfährt!  Diese Technologien disorientieren und überreizen das archaische, menschliche Orientierungssystem. Ein System, dass dazu gedacht ist, lange Wege zu laufen, vorsichtig vor Raubtieren zu sein, zu beten und Gott zu ehren, in der Gruppe Geschichten zu erzählen und zwischen Mann und Frau Intimität zu geniessen.” - Alexa Clay

In gewisser Weise sind die Amish die erfolgreichste Alternativ-Kultur alle Zeiten. Alle guten, alten Indianersprüche  haben sie beherzigt: Das wir die Erde nicht ausplündern dürfen. Dass zwischen Mann und Frau tiefer Respekt herrschen soll. Das man zur Erziehung von Kindern einen ganzes Dorf, oder einen Stamm braucht. Sie ernähren sich bio und sind körperlich fit, ohne Fitnesstudios. Ihre Kleider könnte man bei manufactum verkaufen; nur natürliche, robuste Materialien, man trägt sie, bis sie aufgetragen sind. Der Pro-Kopf-CO2-Ausstoss der Amish ist niedriger als der in  Bangla Desh. Sie sind bescheiden, aber niemals arm. Die Amish sind tatsächlich in der Welt der NACHHALTIGKEIT angekommen, ohne dabei feindselig nach Aussen zu werden. Mit  Homosexualität können sie einfach nichts anfangen, weil ihnen Fruchtbarkeit und Generativität so überaus wichtig sind.

Alexa Clay, “Cultural Hacker”, schuf die Figur des AMISH FUTURIST als Alter Ego

Liesse sich aus dem technik-skeptischen Blick der Amish womöglich etwas FÜR DIE ZUKUNFT lernen? Alexa Clay, eine amerikanische Internet-Aktivistin, die sich “Cultural Hacker” nennt, schuf in diesem Geiste ein Alter Ego, einen Aktivisten-Avatar aus Fleisch und Blut. In der Rolle des AMISH FUTURIST betritt sie in Amish-Tracht die Bühnen der hipsten Internet- und Technologie-Konferenzen. Sie lässt das Publikum seine digitalen Sünden beichten, spricht über das echte Leben und das Falsche, lobt und preist und verflucht das Digitale. Sie  reist in Videoreportagen durch die grossen Städte und testet die wie ein kleines, staunendes Mädchen die technologischen Verführungen (“Was will mir dieses Gerät beibringen? Wo will es mich zum Bösen verleiten?”). Sie artikuliert den existentiellen Konflikt zwischen Nähe und Distanz, den das Internet in unseren Seelen entzündet. Und sie trennt die digitale Spreu vom digitalen Weizen:

“Es ist keine Frage, dass wir im Maschinenzeitalter leben. Aber die Frage bleibt: Was wird mit unserem analogen Selbst? Wie schaffen wir Raum, damit unsere humanen Elemente durch den Digitalen Müll scheinen können? Es gibt sie schon, die “Existentiellen Entrepreneure”, die uns einen Weg zeigen, wie Technologie uns auf gute Weise einen Pfad zurück zu unseren analogen Wurzeln weisen kann. Heute schon existieren viele Beispiele von Start-Ups, die diesen reiferen evolutionären Weg wählen. Die gekommen sind, um die Technologie der Verstörung und Ablenkung im Sinne des genuinen Menschseins umzunutzen! - Alexa Clay

Die Figur des AMISH FUTURIST steht für eine fundamentale menschliche Schüchternheit - ein Gefühl, dass wir nicht nur in der Liebe, sondern auch gegenüber Technologie empfinden können. Gegenüber den virtuellen Verführungen, Wollüsten und Abgründen möchte sie eine neue Treue etablieren - eine Treue zu sich selbst, zum humanen Miteinander, zum menschlichen Mass. Die Amish testen jede neue Technik, jenes neue Gerät, in einem aufwendigen, basisdemokratischen Prozess auf seine Vorteile und Nachteile - eine Art sozio-evolutionärer TÜV. Die jüngeren Amish werden sogar ERMUNTERT, in die Welt zu gehen, und Auto zu fahren, Hollywood-Filme zu sehen, Smartphones zu nutzen. Damit sie sich ein urteil bilden können. Mit 18 entscheiden sie dann frei, ob sie in der Gemeinschaft bleiben wollen oder nicht. Die meisten kehren zurück auf die Felder von Pennsylvania, in die Welt der Holzhäuser und Pferdekutschen und fruchtbaren Ehen. Ausser Alexa Clay, die das Prinzip der evolutionären Technik-Selektion kraftvoll in der grossen, weiten Welt vertritt:

“Wir können nicht alle digitale Einsiedler werden. Wir können auch nicht alle AMISH werden. Aber jeder Mensch hat einen “inneren Amish” in sich  - eine Schüchternheit gegenüber Technologie, ein tiefes Unbehagen. Und nur, wenn wir diesen Amish-Instinkten Raum lassen, können wir eine bessere Balance zwischen der Online- und der Offline-Welt finden. Wir sollten nicht aus der vernetzten Welt aussteigen, aber wir sollten der Online-Kultur auch nicht erlauben, auf unserem psychischen, analogen Selbst herumzutrampeln. Das ist die Herausforderung: Unser inneres Amish-Sein in einer Welt der urbanen Gehetzheit und der digitalen Überforderung aufrecht zu erhalten.  Technik mit einer Vision des guten Lebens zu programmieren. Sie fruchtbar zu machen für das, was wir wertschätzen und was uns heilig ist.” 

 

Die kürzeste Website aller Zeiten: www.alexaclay.com

Von Alexa Clay als Buch erschienen: The Misfit Economy. Simon & Schuster, New York, 2010

Alle Zitate aus THE AMISH GUIDE TO TECHNOLOGY. In:  REVUE - Magazin für die NEXT Society, Heft 16. 

http://www.psychologytoday.com/blog/brainsnacks/201406/what-the-amish-can-teach-us-about-technology