Die Arbeit des Trendforschers ist es, sich mit der Komplexität der Gegenwart zu beschäftigen. Es geht darum, die Dynamik, Prozesse, Muster und Zusammenhänge zu beobachten und zu verstehen, die eine Gesellschaft verändern und prägen.
Im Kern ist die Aufgabe der Trendforschung immer auch eine Übersetzungsleistung: von der Gesellschaft in die Wirtschaft. Vom Phänomen in die Anwendbarkeit. Von der Komplexität in ein neues Verständnis (für Komplexität). Das zentrale Medium der Trendforscher ist dabei die Sprache, unterstützt von Bildern, Grafiken und Infografiken. Der Effekt ist eine veränderte Wahrnehmung der Welt.
Trends füllen semantische Leerstellen
Für diese Aufgabe bedient sich die Trendforschung einer ganz eigenständige Art der Sprache – Trendwörtern. Begriffe also, die künstlich erzeugt werden, um etwas zu beschreiben, was vorher noch keiner wahrgenommen hat. Erst in der Folge geht es um die genaue Ausdeutung dieser Begriffe, die Erläuterung und Vertiefung. Am Anfang steht das Aha: die Erkenntnis einer neuen Betrachtung.
Diese Begriffe besetzen dann etwas, was man als SEMANTISCHE LEERSTELLEN bezeichnet. Also ein Wahrnehmungs-Loch, ein blinder Fleck, eine ungenutzte Verbindung im Hirn. Trend-Begriffe besetzten diese semantischen Leerstellen, und erzeugen dadurch im Gehirn eine neue Vernetzung. Und je nach dem, wie die eigene Verfasstheit gerade ist, bewirkt diese nun besetzte Leerstelle: Verwirrung, Klarheit, Unbehagen, Bestätigung, Ent- oder Verzerrung, Genuss, Entrüstung…
Ganz häufig geht es dabei sogar darum, Unschärfen zu erzeugen. Also starke Glaubenssätze über die Welt in Frage zu stellen, in dem man sie weich klopft, ohne schon eine deutliche Gegenantwort zu haben. Dieser Mechanismus wird immer bedeutender in einer Welt, die so hochgradig vermessen und ausdifferenziert beschrieben ist. Ein Beispiel: Je detaillierter Sie Ihre Kunden betrachten – also vom Milieu zum Kundensegment, zum Customer, zum Shopper, zum situativen Shopper… –, desto mehr Daten werden Sie haben, desto genauer können Sie alles beschreiben, aber desto weniger werden Sie am Ende auch über den Menschen und seine wahren Bedürfnisse wissen. Man ist dann im Detail klar, aber im Großen blind. Deshalb helfen uns Trendbegriffe eben nicht nur, etwas „neu“ wahrzunehmen, sondern auch manchmal etwas zu entlernen, um in einen Zustand des „Nicht-Verstehens“ zu geraten. Oder sie helfen dabei, wieder vom „Zählen“ zum „Erzählen“ zu gelangen, um die Kontexte richtig deuten zu können.
Trends halten unsere inneren Weltkarten frisch
Jedenfalls tun diese Begriffe etwas mit uns. Und sie sind die Voraussetzung dafür, dass wir die Welt „neu Denken“ können. Deshalb haben wir das Trend Update im neuen Format geschaffen. Das neue Trend Update hilft, die inneren Landkarten entweder zu ergänzen, zu verändern, zu erweitern – oder gar über Bord zu werfen. Arbeitet man aber zu lange mit denselben Begriffen, wetzen sich diese ab und werden unnütz. Dann werden sie zu Selbstbestätigungsmaschinen. Zum Beispiel der Cocooning-Trend: Kaum ein Interview zur Zukunft des Wohnens kann man führen, ohne dem in den 80ern entwickelten Begriff zu begegnen. Dabei gilt er schon längst nicht mehr. Oder Selfness: ein Begriff, der sich verselbstständigt hat und heute als Angebot von Wellnesshotels missverstanden wird. Oder die Ich-AG, die als Trend-Begriff begonnen hat und nach ihrer dubiosen politischen Karriere unschön im Aus gelandet ist.
Die Arbeit mit Trends – und damit mit Trendbegriffen – bedarf daher einer großen Sorgfalt, und einem starken ethischem Umgang. Denn man arbeitet mit der Weltwahrnehmung der Menschen, und agiert ganz nahe am Betriebssystem einer Gesellschaft. Was der Trend-Arbeit auch eine politische Dimension gibt.