Meer und Mehr

Die Zukunft unserer Ernährung liegt im Wasser – egal ob Fisch oder Algen. Dabei wird sich die Produktion dieser Nahrungsmittel mehr und mehr in Städte und auf landwirtschaftliche Flächen verlagern – mit innovativen und nachhaltigen Produktionsformen.
Food Report 2017

Pixabay / Designatic / Sea / CC0

Fisch ist zur Massenware geworden. Ob als Sushi oder Lachsbrötchen, als Fischstäbchen oder als Dorade Royal aus dem Tiefkühlregal – fast überall bekommt man ihn. Als Fast Food ebenso wie als exklusiven Gang im Dreisterne-Degustationsmenü. Und anders als nach Fleisch wächst der Hunger nach Fisch auch in Europa weiter. Neue ökologische, nach dem Cradle-to-Cradle-Prinzip funktionierende Aquakulturen werden dafür sorgen, dass wir uns mit Fisch nicht nur gesund, sondern auch nachhaltig ernähren werden. Ohne ängstlichen Blick auf sich erschöpfende Bio-Ressourcen. Meere, Flüsse, Seen und Teiche eröffnen aber auch Vegetariern und Veganern neue kulinarische Perspektiven. Das Meer erfindet sich gerade neu – und wird zu mehr.

Auf dem Weg zur Symbiose von Gemüseanbau und Fischzucht 

Neben der Teichwirtschaft im Binnenland und Netzgehegen an Meeresküsten und Seen sind neue Techniken der nachhaltigen Bewirtschaftung wie die integrierte multitrophische Aquakultur (Integrated MultiTrophic Aquaculture, IMTA) und Aquaponik auf dem Vormarsch. Bei der integrierten multitrophischen Aquakultur werden unterschiedliche Organismen gleichzeitig gezüchtet. Die Ausscheidungen des einen Organismus dienen dabei anderen Organismen als Nährstoffe. So eignen sich etwa die Exkremente von Shrimps hervorragend als Nahrung für große Meeresalgen. Diese Form der nachhaltigen Bewirtschaftung wird vor allem in Zuchtanlagen im Meer betrieben. Lachse, die eine externe Zufütterung benötigen, werden mit anderen Organismen wie Muscheln oder Algen zusammengelegt, die den Ausscheidungen der Fische Nährstoffe entziehen, sie verstoffwechseln und damit wieder als wertvolle Nahrungsquelle zur Verfügung stehen. 

Eine andere Form der integrierten Zucht ist jenes Aquaponik-Verfahren, das in Zuchtanlagen an Land Verwendung findet. Hier wird die Aufzucht von Fischen mit der Kultivierung von Nutzpflanzen in einem geschlossenen ökologischen Kreislauf verbunden. Die Pflanzen beziehen alle benötigten Nährstoffe aus dem Wasser der Fischzucht. Die Ausscheidungen der Fische dienen den Pflanzen als Dünger. Durch den Nährstoffentzug reinigen die Pflanzen wiederum das Wasser der Fische. Sie wandeln Ammoniak, das sich in den Exkrementen der Fische befindet, in Nitrate um, die von den Pflanzen als Nährstoffe aufgenommen werden. Da das Wasser beim Aquaponik-Verfahren im Kreislauf zirkuliert, gelingt es, den Wasserverbrauch gegenüber konventionellen Pflanzen- und Aquakulturen deutlich zu reduzieren. 

Fischzucht zwischen Tradition und Hightech 

Der Einsatz von Aquaponik eignet sich besonders dort, wo der Boden schlecht ist, das Land zu teuer und Wasser als knappe Ressource gilt. Ob in Wüsten oder Trockengebieten, auf sandigen Inseln oder in urbanen Zentren: Aquaponik ermöglicht durch einen minimalen Wasserverbrauch selbst an problematischen Standorten die Aufzucht von Fischen und die Kultivierung von Gemüse. 

An Der Einsatz von Aquaponik eignet sich besonders dort, wo der Boden schlecht ist, das Land zu teuer und Wasser als knappe Ressource gilt Bedeutung gewinnt Aquaponik auch im Zuge avancierter Urban-Farming-Projekte. Denn Aquaponik funktioniert auch da, wo das Meer weit weg ist – etwa auf Dächern von Gebäuden mitten in der Stadt. Dort, wo auch die Sehnsucht der Konsumenten nach Nähe zum Produkt und zum Erzeuger am größten ist. Diese Sehnsucht macht sich zum Beispiel das Schweizer Startup Urban Farmers zu Nutze (www.urbanfarmers.com), das 2011 mitten in Basel Aquaponik auf einem Hausdach ansiedelte. Mit ihren Produkten versorgen die eidgenössischen Urban-Aquaponik-Pioniere lokale Restaurants und Supermärkte. Ähnliche Projekte gibt es mittlerweile auch in London, Berlin, Wien und in vielen anderen Metropolen.

Dieser Artikel ist in folgenden Dossiers erschienen:

Dossier: Food

Dossier: Food

Food-Trends zeigen Lebensgefühle und Sehnsüchte auf, bieten Orientierung und Lösungsversuche für aktuelle Problemstellungen. Getragen werden sie immer von Menschen. Geprägt aber werden sie von den tiefgreifenden, globalen und langfristig wirksamen Veränderungen der Megatrends. Food-Trends können deshalb als „Barometer“ fungieren: An ihnen lassen sich Entwicklungen ablesen, die sich tiefer in die Gesellschaft ausbreiten.

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