Künstliche Intelligenz wird deshalb weder zu einer neuen „Superintelligenz“ führen noch zu einer Übermacht der maschinellen über die menschliche Intelligenz. Im Unterschied zum Homo obsoletus wird der Homo connectus nur solche Maschinen schaffen, die seine eigenen Freiheiten und Möglichkeiten vergrößern. KI-Anwendungen, die schon heute in nahezu allen Bereichen des Alltags zu finden sind, von Hausgeräten und Fitnessarmbändern bis zu Messengern und Chatbots, werden im Jahr 2050 nicht nur ubiquitär sein, sondern auch eine alternative Zukunft als Protopie ermöglichen: als progressive Utopie der konnektiven Gesellschaft in Form einer „Kann-Gesellschaft“, in der wir wieder freier und bewusster gestalten können – mithilfe intelligenter Technologien.
Die menschliche Kernkompetenz: Fragen stellen
In dieser nächsten Gesellschaft werden wir Zufriedenheit und Glück weniger im Konsum definieren, sondern auch in der Partizipation an der Erhaltung und Gestaltung unserer Umwelt und des gesellschaftlichen Fortschritts. In der konnektiven Ökonomie kaufen wir nicht primär Produkte und Dienstleistungen, sondern investieren zunehmend in Beziehungen und Geschichten. Nicht materielle Bedürfnisbefriedigung steht im Mittelpunkt, sondern die Entwicklung unserer Talente und Ideen. Berufe, die zwischen Dingen und Menschen – und zwischen Menschen und Dingen – vermitteln, werden als „Konnektoren“ und „Intermediäre“ die Arbeitswelt von morgen prägen.
Die Einzigartigkeit des Menschen wird dann mehr denn je in seiner Fähigkeit bestehen, Wissen in einem kritischen Prozess zu generieren und andere an diesem Prozess teilhaben zu lassen. Technologien können diese grundhumane Kompetenz fördern und erleichtern. Damit beginnt gleichsam eine neue Ära der Aufklärung. Die Skepsis gegenüber „intelligenter“ Technologie, die noch zu Beginn des 21. Jahrhunderts vorherrschte, wird einer kritischen Neugier weichen, in der alte und neue Fragen (wieder) gestellt werden. Denn nicht zuletzt das unterscheidet den Menschen von der Maschine: die Fähigkeit, gute Fragen zu stellen.
Klare Grenzziehung zur maschinellen Entmündigung
Der Kampf zwischen liberaler Demokratie und repressivem Autoritarismus wird das 21. Jahrhundert auch technologisch prägen. Aus autoritären Systemen werden digitale Diktaturen, aus liberalen Systemen digitale Demokratien. Die offene Frage lautet: Werden sich die westlichen Gesellschaften weiter in Subkulturen und Neo-Tribes aufsplitten, hin zu einer „Wirr-Gesellschaft“, oder gelingt die Evolution in eine inklusive Wir-Gesellschaft?