Das Resultat ist oft Nostalgie, man wünscht sich etwa in die Ära der Großeltern zurück. Aber wenn man das wirklich durchdenkt ... ich will nicht in diese Zeit zurück. Jeden Tag harte Arbeit auf dem Feld, zu wenig zu Essen, eine geringere Lebenserwartung – für mich klingt das wenig attraktiv. Die Technologie bringt uns sehr viel, sie disruptiert aber auch viel. Wenn wir uns nur auf die Disruption konzentrieren, könnten wir den Eindruck bekommen, in der Vergangenheit sei es besser gewesen. Wenn wir uns aber darauf fokussieren, Technologie auf eine humanere Art und Weise einzuführen, der die Menschen vertrauen können, dann können wir auch wieder lernen, die Zukunft zu lieben.
Wie können wir erfolgreich kommunizieren, dass wir in der besten Zeit leben, die die Menschheit bislang gesehen hat? Viele Menschen nehmen das subjektiv nicht so wahr.
Es liegt irgendwie in unserer Natur, morgens aufzustehen und zu denken, das Leben ist scheiße. Aber vergleichen Sie Ihr Leben mit dem eines Königs vor ein paar hundert Jahren. Da leben sie heute deutlich besser. Sie haben fließendes Wasser, eine komfortablere Einrichtung, bessere Gesundheitsversorgung, etc. Wir finden immer etwas, um uns zu beschweren. Wir könnten aber auch dankbar dafür sein, was wir erreicht haben und was uns Technologie gebracht hat. Nostalgie ist auch wichtig,
Ich halte innovative Nostalgie für einen guten Weg, Transformation abzubilden
ich bin aber ein Fan der innovativen Nostalgie. Als Designer, Journalist, Kreativer schaut man auf die Nostalgie und die Intention dahinter, aber man geht nicht auf sie zurück, sondern versucht sie in etwas Neues zu transformieren. Denken wir an das erste iPad. Darauf war ein Bücherregal, ein Holzregal, in dem die digitalen Bücher abgelegt waren. Die Nostalgie des Bücherregals wurde genutzt, um den Menschen das Neue näher zu bringen. Heute ist das nicht mehr notwendig, die Leute haben es verstanden. Ich halte innovative Nostalgie für einen guten Weg, Transformation abzubilden.
Mit Ihrem Team arbeiten Sie daran, ECO Coins zu etablieren. Worum handelt es sich dabei?
Wir versuchen eine Währung für Umwelt-Value zu kreieren. Wenn ich einen Wald verkaufe, mache ich damit Geld. Wenn ich Bäume pflanze, produziere ich auch eine Art von Wert, aber ich verdiene damit kein Geld. Das muss sich ändern. Ich will Geld, das an Menschen ausgehändigt wird, die positiven Einfluss auf die Natur ausüben. Bislang geht es beim Umweltthema meist um Strafen: Wenn du etwas falsch gemacht hast, musst du bezahlen. ECO Coins sollen eine positive Belohnung sein. Wir haben erste Experimente durchgeführt, etwa auf einem Festival in Amsterdam mir rund 40 0000 Gästen. Jeder der sich ökologisch nachhaltig verhielt, konnte Coins sammeln und sie über eine App eintauschen, etwa für Bio-Eis oder den Zugang zum VEP-Bereich (Very Ecological Person, Anm.). Die Natur wird als Paradies angesehen, das schon fertig war, bevor der Mensch aufgetaucht ist. Und jedes Mal wenn wir sie berühren, verschmutzen, beschädigen und zerstören wir sie. Das halte ich für eine sehr negative Sichtweise. Wir sind ein Teil der Natur, wir transformieren Natur. Die Umwelt wird sich ändern, das hat sie vor dem Menschen getan und wird sie weiterhin tun. Das ist eine Herausforderung, aber es gibt auch viel zu gewinnen. Die Umwelt hat Werte, die in unserer monetären Welt aber nicht artikuliert werden.
Sie haben 2005 das Buch „Next Nature - Nature Changes Along With Us“ geschrieben. Gab es darin Prognosen, mit denen Sie falsch lagen?
Ein Beispiel aus dem Buch fällt mir nicht ein, aber ich erinnere mich an eine meiner Installationen im Jahr 2010. Da hatte ich eine kleine Pflanze, einen Blumentopf, mit dem man das Handy aufladen kann. Das habe es aus der Ausstellung genommen, weil ich dachte, das sei reine Fantasie, zu unrealistisch. Zwei Jahre später gab es eine Doktorarbeit zu diesem Thema, vier Jahre später ein Unternehmen, das genau so etwas produziert.
Future Day 2018 - Interview Koert van Mensvoort