Zukunft ist Phantasie!

Vor Corona war die Zukunft entweder weit weg oder längst vorbestimmt. Das Leben im Hier und Jetzt war das Credo der Achtsamkeitsbewegung, mit Yoga und Mindfulness, selbst im Business. Während der Coronakrise wurde jedoch schlagartig klar, wie ungewiss Zukunft ist. Und dass sie nie wirklich da ist, sondern per se abwesend. Ein Grund mehr, optimistisch in die Zukunft zu blicken, denn wir können sie selbst gestalten!

Ein Kommentar von Harry Gatterer

Nimmt man diese Aussage und erläutert sie nicht weiter, so könnte man Zukunft mit Träumerei verwechseln. Was wirklich dahinter steckt: Die Zukunft ist nie wirklich da. In unserem Leben sind wir immer im Hier und Jetzt. Nirgendwo sonst. Und alles was wir meinen, wenn wir „Zukunft“ sagen, bezieht sich auf etwas, das (noch) nicht da ist. Also etwas, das jetzt in unserem Leben nicht anwesend ist. Daher bezeichne ich die Zukunft per se als abwesend.

Und dennoch sprechen wir über Zukunft, glauben an Zukunft, hoffen auf Zukunft. Wir hoffen, dass wir gesund bleiben, dass unsere Ziele in Erfüllung gehen und dass wir mit unseren Ideen andere Menschen begeistern können. Wir erwarten Gutes von der Zukunft – und Schlechtes. Wir nehmen an, dass das, was in der Zukunft passiert, eine große Wirkung auf unser Leben in eben dieser Zukunft haben wird: Klimaerwärmung wird …, Künstliche Intelligenz wird …, die Alterung der Gesellschaft wird …, der Handelskrieg wird …, China wird …, … Was wir hier sehen, ist der Effekt, dass wir also Elemente der Gegenwart nehmen und diese kraft unserer Phantasie weiterdenken.

Dieses Weiterdenken machen wir Menschen auf unterschiedlichste Weise: Wir greifen zur Historie, um Muster zu erkennen, welche wir auf Zukünftiges anwenden können. Wir nehmen Zahlen, Daten und Fakten und entwickeln Formeln, um diese in die Zukunft zu schreiben. Wir entwickeln künstliche Intelligenzen um Muster zu erkennen, die wir selbst nicht sehen und die uns helfen, neue Perspektiven für die Zukunft zu entwickeln. Wir beobachten kreative und herausragenden Menschen, Unternehmen oder Experimente, um sie zum Seismographen für Zukunft zu machen. Kurzum: Wir tun enorm viel dafür, dass wir unsere Vorstellung von Zukunft erhalten.  Aber unterm Strich tun wir all das, um unserer Phantasie ein Fundament zu geben. Und ja: Es gibt eine Erwärmung des Klimas und wir haben komplexe Methoden entwickelt, um uns vorzustellen, wie sich diese auf die Zukunft auswirken wird. Doch bleibt es auch dafür im Moment bei einer Phantasie. Wäre Greta Thunberg nicht aufgestanden und hätte nicht in ihrer einzigartigen Art der Welt einen Stoß versetzt, unsere verbreitete Phantasie von den Auswirkungen des Klimawandels wäre nicht derart zugespitzt.

Das Wissen und die Beobachtungen des Klimawandels gab es auch vor der Bewegung Fridays for Future schon. Es gab die Menschen, die sich rund um die Uhr dafür einsetzten. Und dennoch: In der Phantasie der allermeisten Menschen war das Klima als Problem kein wirkliches Alltagsthema. Nun aber, durch diese Individualleistung einer Symbolfigur ausgelöst, hat sich die Zukunftsphantasie von Millionen von Menschen drastisch zugespitzt. Die Probleme, die wir heute schon allerorts sehen, werden noch klarer und wirkmächtiger in die Zukunft gedeutet und dadurch zu einer noch weiter verbreiteten Vorstellung von der Zukunft. Und was ist die Vorstellung der Zukunft anderes als unsere Phantasie? Achten Sie also auf Ihre Phantasie, entwickeln Sie diese und aktivieren Sie einen aktiven, freudvollen aber auch konstruktiven Umgang damit.


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