TREFFPUNKT: ZUKUNFT | PODCAST | TZ001 | 02.11.2017
H eute sprechen wir mit Wilhelm Schmid, einem freien Philosophen, außerplanmäßigen Professor für Philosophie an der Universität Erfurt und populären Autor rund um das Thema Lebenskunst. Schmids Werke thematisieren Freundschaft, Glück, Liebe oder Gelassenheit und werden unter anderem in bis zu 17 Sprachen übersetzt. 2013 wurde er für sein bisheriges Werk zur Lebenskunst mit dem schweizerischen Preis der Dr. Margrit Egnér-Stiftung ausgezeichnet.
„Ich möchte dafür Sorge tragen, dass nicht eine negative Utopie Realität wird, die wir jetzt noch verhindern können.“ - Wilhelm Schmid zeigt sich im Gespräch mit Tristan Horx beunruhigt. Das Szenario, das ihm ein dumpfes Gefühl in der Magengrube beschert: Eine real werdende Der Fall, dass es keine Grenzen mehr gibt, der tritt nicht ein. Systeme können nur innerhalb von Grenzen beherrscht werden. Die Grenzen können anders gezogen werden. Vielleicht werden die Grenzen – was uns angeht – europaweit gezogen, aber sie werden gezogen werden müssen. Dystopie, in Form von ökologischen Zerstörungen und wachsenden sozialen Ungleichheiten. Schmid zeichnet die Vision eines möglichen Morgen, in dem es – da ist er sich sicher – eine Welt ohne staatliche Grenzen nicht geben kann und warnt dabei vor wachsenden Verteilungskämpfen.
Der 64-Jährige teilt seine Erfahrungen mit den Anforderungen, denen sich Politiker stellen müssen und spricht über die Aufgaben, die ihnen heute in unserer digitalisierten Welt zuteil werden. Und auch auf die Technologisierung unseres Alltags wirft der Philosoph einen kritischen Blick, den er mit seiner persönlichen Beobachtung eines Mechanismus garniert: „Neue Technologien bewähren sich im Leben, wenn sie eine Ergänzung sind. Wenn sie aber dazu führen, dass das Leben ersetzt wird, dass Menschen nicht mehr das Gefühl haben, ein spannendes Leben zu führen, dann sind sie ganz schnell weg.“
Über den Gast

Lebenskunstphilosophie ist seine Passion: Wilhelm Schmid. Der auf dem Land aufgewachsene, gelernte Schriftsetzer begann seinen Lebensweg als junger Mann in der Politik. Von 1977 bis 1980 engagierter er sich in Augsburg als Vorsitzender der deutschen Jungdemokraten, der Jugendorganisation der FDP. Sein Studium der Philosophie und Geschichte begann er an der freien Universität Berlin, es folgten Studienaufenthalte an der Pariser Sorbonne und an der Universität Thübingen, bis er 1991 sein Studium mit seiner Doktorarbeit über Michel Faucoult beendete.
„Grundlegung zu einer Philosophie der Lebenskunst“ ist der Titel seiner Arbeit, mit der er 1997 in Erfurt habilitierte. Seit dem beschäftigt sich der freie Professor und Wahlberliner mit allem was dem Menschen an Nicht-materiellem zuträglich ist: Freundschaft, Balance, Glück, Liebe. Nebst koreanisch sind die Bücher und Publikationen des Bestsellerautoren in weiteren 16 Sprachen zu erwerben, für seine Verdienste bei der Vermittlung von Philosophie wurde er 2012 mit dem deutschen Meckatzer-Philosophiepreis geehrt.
Für sein bisheriges Werk zur Lebenskunst erhielt er 2013 den schweizerischen Preis der Dr. Margrit Egnér-Stiftung.
Shownotes
Begrüßung/Vorstellung · Gelassenheit (Buch von Wilhelm Schmid zu Gelassenheit) · Gelassenheit beim Thema Klimawandel · Stress im Alltag · Mehr Fokus auf individuelle Bedürfnisse · Ab 50 wird's besser · Rolle des Menschen für die Zukunft / Rolle der Philosophie für die Zukunftsforschung · Utopien & Dystopien · Staatsgrenzen · Sozialverträglichkeit als Minimalbedingung für Stabilität der Märkte · Frieden als gesellschaftliche Maxime · Verteilungs- und Klassenkampf · Digitalisierung und Angst · Verzicht auf das Internet der Dinge · Polaroidkameras und Schallplatten als Antwort auf Instagram und virtuellen Playlists · Das Leben trachtet danach sich zu bewahren · Politik & Politiker · Die digitalisierte Welt als „Neuland für alle“ · Staatliche Regulierung des Internets · (gelingende/misslingende) Beziehungen · Bewältigung des Lebens als existenzielle Grund- und Trendfrage