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Third Place Living: Die Stadt als Wohnlandschaft

In hochmobilen und hochvernetzten Zeiten entwickelt sich die Wohnung immer mehr zum Baustein im individuellen Small World Network.
Third Place Living

Der Alltag des 21. Jahrhunderts ist geprägt von den Bezeichnungen „to go“ und „on the run“. Es gibt kaum etwas, was man nicht irgendwie noch zwischendurch erledigen kann. Frühstücken, E-Mails schreiben, Informationen laden, den Kollegen zwischen zwei Flügen am Gatebriefen – Unterwegssein ist ein wichtiger Bestandteil unseres Alltags. Die Megatrends Mobilität und Digitalisierung und auch die zunehmende Flexibilisierung des Seins wirken sich auf die Kultur des Wohnens ebenso aus, wie sie die Arbeitswelt beeinflussen. Diese Unterwegsmärkte werden zukünftig eine zentrale Rolle in unserer Wohnkultur spielen, denn die Wohnung ist in einem hochmobilen und hochvernetzten Zeitalter nur ein Baustein im individuellen Small World Network. „My Home is my Castle“ stimmt in Zukunft nur noch bedingt. Der private Rückzugsort verliert zwar nicht an Relevanz – im Gegenteil, er wird noch privater, noch mehr eine eigene, persönliche Welt. Aber die repräsentativen Eigenschaften werden von den eigenen vier Wänden nicht mehr gefordert. Schließlich sind sie nur ein Knoten im persönlichen Netzwerk und eben nicht mehr der zentrale Mittelpunkt. Die Wohnung hat Konkurrenz bekommen! Sie ist nicht mehr allein der Ort des Wohlbefindens, des Wohnens: Die dritten Orte, die Räume des Dazwischen, werden in Zukunft zu einem aktiven Bestandteil und einer Bereicherung der Wohnkultur.

Gestaltungsräume für dezentrale Lifestyles

Ob Angebote wie eine externe Küche für gelegentliche Kochorgien, wohnzimmerartige Salons oder Co-Working Spaces: Third Place Living bietet attraktive Gestaltungsräume, die sich in den fluxen Alltag des urbanen Individualisten einflechten und das dezentrale Wohnen zum Living verwandeln.

Lebensqualität ist für Städte ein wichtiger Faktor, um im globalen Wettkampf um die Kreative Klasse die Nase vorn zu haben. Dafür braucht es neben attraktiven Stadtquartieren und Arbeitsbedingungen auch umfangreiche Freizeit-, Erholungs- und Bildungsangebote. Sie machen aus dem Großstadtdschungel eine Wohnlandschaft. Dazu gehören auch all jene Orte des Alltäglichen, die wir nicht zu unserem privaten Wohnraum zählen.

Der Soziologe Ray Oldenburg kategorisierte 1989 unsere Lebensräume in erste, zweite und dritte Orte. Als erster Ort wird das Zuhause bezeichnet, der zweite Ort ist der Arbeitsplatz. Dritte Orte sind Räume der Begegnung. Das können öffentliche Räume im Stadtraum sein, aber auch halböffentliche Orte wie Bahnhöfe, Bildungseinrichtungen, Sport- oder Kulturstätten. Geschäfte und Gastronomie zählen ebenfalls zur Kategorie dritte Orte. Sie alle bieten auf ihre eigene Art die Möglichkeit zu Kommunikation und Erlebnis.

Entgrenzung und Vernetzung

Kennzeichnend für die permanenten Veränderungen durch den Megatrend Individualisierung ist eine zunehmende Entgrenzung. Was früher die privaten „vier Wände“ waren, in denen man lebte, um tagsüber in einem Büro zu arbeiten, ist heute oft beides in einem. Als Ray Oldenburg die Raum-Kategorien entwickelte, gab es weder Laptop noch Smartphone. Und das Internet war noch ein weithin unbekanntes Terrain, der virtuelle Raum eine Idee aus den Science- Fiction-Filmen. Beziehungsnetzwerke waren überschaubar – und ebenso die Orte, an denen man sich regelmäßig aufhielt. Neue Kommunikationstechnologien erlauben es aber mittlerweile, immer und überall zu arbeiten. Die Kategorisierung in erste, zweite und dritte Orte verliert dadurch ihre Trennschärfe. Und auch die generalisierende Bezeichnung des gesamten Rests als „dritte“ Orte ist zu unterkomplex gedacht. Denn die „neuen Dritten“ differenzieren sich zunehmend: Sie werden zu Orten der Vernetzung, der Erholung, Erlebnisorten, Serviceorten und Orten des „einfachen Seins“.

Ähnliche Prinzipien wie beim Cloud Computing schwappen auf das physische „Living“ über: Immer mehr Funktionen des Alltags werden „outgesourct“. Meist mit dem Ziel, flexibel zu bleiben und nur das Notwendigste im privaten Bereich zu belassen. Was man nicht permanent braucht, wird nach Bedarf zeitweise „dazugebucht“. Das führt zu neuen Wohnmärkten, die unsere alten Grenzen der vier Wände verlassen.

Die Orte des Transits als urbane Hubs

Da die Megatrends Individualisierung und Mobilität sich anhaltend auf die gesamte Gesellschaft auswirken, werden besonders die Orte des Transits eine wichtige Rolle im alltäglichen Leben einnehmen. Zu keiner Zeit war der moderne Wissensarbeiter flexibler und mobiler. Das Büro trägt man dank Laptop und Smartphone permanent bei sich. Reisezeit wird Arbeitszeit. Durch die digitale Vernetzung ist man weltweit aktiv. Und mit dem zunehmenden Unterwegssein gewinnen vor allem die Third Places an Bedeutung. Sie übernehmen immer mehr Funktionen, die man temporär, aber durchaus regelmäßig, in Anspruch nimmt.

Denn Zeit ist ein wichtiges Gut, das man sinnvoll nutzen möchte. Gerade dort, wo man äußeren Umständen „ausgeliefert“ ist, wie an Bahnhöfen und Flughäfen. Gerade an diesen Orten, an denen Wartezeit, Verspätungen und eiliges Hasten zusammenkommen, möchte man wieder Herr seiner Zeit Orte des Transits müssen Sofort-Privatheit ermöglichen werden und diese aktiv gestalten. Diesen Gestaltungsspielraum bietet beispielsweise die niederländische ABN Amro Bank am Flughafen Amsterdam ihren teuersten Kunden und deren Begleitern an. In ihrer Preferred Banking Lounge kann man nicht nur täglich von 6 bis 22 Uhr Finanzservices wie Geldwechsel und Reiseversicherungen in Anspruch nehmen, sondern auch Besprechungsräume, Internetzugang, Zeitschriften, Speisen und Getränke nutzen. Hier findet man wahlweise Entspannung, aber auch Orte zum Arbeiten. Jeder kann seine Zeit am Flughafen in der Lounge so nutzen, wie es ihm gerade in den Zeitplan passt.

Auch Sofort-Privatheit muss an Orten des Transits möglich sein. Schon 2007 etablierten sich in London-Gatwick, London- Heathrow, Amsterdam-Schiphol und in NYC sogenannte Yotels. Räume, die kleiner sind als traditionelle Hotelzimmer, aber dennoch zum Gebäudekomplex dazugehören. Die Sleepboxes der Arch Group hingegen sind nochmals kleiner – knapp eineinhalb Meter breit, zwei Meter lang und mehr als zwei Meter hoch, stehen sie autark im Moskauer Flughafen Scheremetjewo. Ausgestattet sind die Boxen nur mit einer Matratze, die ihre Laken selbst wechselt, WiFi, Platz für den Koffer und einem LCD-Fernseher. Der Münchner Flughafen bietet ein ähnliches Konzept für das Nickerchen zwischendurch an. An den Gates kann man sogenannte Napcabs mieten – kleine Räume, um sich zurückzuziehen und ungestört die Augen zu schließen.

Flexible Nutzungsangebote

Der elitär motivierte Ansatz von erster und zweiter Reiseklasse wird sich in Zukunft in eine funktionale Trennung transformieren. Er verändert sich in Richtung Nutzungsbedürfnisse: „Silent Space“ für den Rückzug, „Workspaces“ für die, die noch produktiv sein möchten, „Entertainment Spaces“ für alle, denen es langweilig ist. Auch im Bereich „Gesundheit“ werden weitere Konzepte gefragt werden. Warum die Fahrzeit in der Bahn nicht aktiv nutzen und in Zukunft in einem Fitness-Waggon das Training absolvieren? In Zukunft werden solche Angebote für eine breite Masse zugänglich.

Verstärkte Nachfrage nach unterschiedlichen sinnvollen Nutzungsangeboten an den Orten des Transits schafft einen hohen Veränderungsdruck und eröffnet neue Geschäftschancen. Bahnhöfe bleiben längst nicht mehr nur Orte für Reisende. Jenseits des schon Gängigen verwandeln sie sich in Shopping Malls mit einem breiten Gastronomie- und Einzelhandelsangebot. Damit werden sie für die Städte zu einem zentralen Punkt im Alltag. Sie entwickeln sich zu Marktplätzen, Treffpunkten und Orten des Erlebnisses.

Stadtlandschaft für Großstadtneurotiker

Third Place Living impliziert auch eine simple Erreichbarkeit und einen leichten Zugang zu dritten Orten. Besonders jenen der Erholung und der Freizeit, die sich nahtlos und flexibel in den Alltag der urbanen Individualisten einfügen. Dabei wird das „Draußen“ und „im Grünen“ sein, also Orte außerhalb der vier Wände, vollkommen neue Angebote bieten. Fernab verklärter „Bambiromantik“ von vermeintlich ursprünglicher Natur und akkuraten Parkanlagen entsteht derzeit eine enorme Vielfalt an Freizeitangeboten Urbane Stadtstrände bieten 24h-Instant-Urlaubsfeeling und Erholungsmöglichkeiten, die Arbeit und Freizeit ebenso durchgängig machen wie Stadt versus Natur. Urban Gardening kreiert neue Oasen der Ruhe auf ehemaligen Brachflächen und Dächern. Parks auf nicht mehr benötigten Gleisanlagen, wie beim Highline Park in New York City, werden zum Treffpunkt für romantische Zweisamkeit über den pulsierenden Straßen der Stadt.

Urbane Stadtstrände bieten 24h-Instant-Urlaubsfeeling. Schwindende Industrie, innovative Technologien und ein verändertes Naturbild bieten modernen Kommunen die Chance, auch den Faktor Wasser auf ganz neue Art auszuspielen. Schwimmbäder bieten zwar Badespaß, sind aber wenig alltagstauglich. Tasche packen, Eintritt zahlen, Chlorwasser – das alles braucht man beispielsweise beim Kopenhagener Harbour Bath nicht. Dort kann man sich mitten in der Stadt, direkt nach einer Shoppingtour, ins kühle Nass stürzen. Das Holzdeck bildet den Rahmen für mehrere Becken. Liege- und Aufenthaltsflächen bietet die angrenzende Uferzone. Die neuen Orte des „Draußenseins“ sind eingewoben in das urbane Leben. Sie bieten Erholung, Freizeit und sind ohne Umstände erreichbar. Natur ist künftig Stadtalltag und wichtiger Bestandteil eines hoch verdichteten, dezentralen Wohnens.

Third Place Services

„Ich fühl mich zuhause“ ist eine Aussage, die sich dann nicht mehr nur auf die private Wohnung beschränken wird. Add-on-Wohnservices sind zukünftige Segmente im Wohnungsmarkt. Digitalisierung hat nicht nur unsere Erwartungen verändert, wie sich on-demand Wünsche erfüllen lassen, sondern auch den Begriff des Privaten neu definiert. Privatheit wird nicht mehr ausschließlich mit Besitz gleichgesetzt. Privat ist man beim Telefonat in der vollen Metrobahn ebenso wie im Schlafzimmer. Gerade das Wohnen auf kleinem Raum verfügt in Zukunft nicht mehr über alle tradierten Funktionen. Wozu auch, wenn diese im Quartier substituiert werden können?

Die Kochhäuser werden zu wichtigen Community-Hubs in den Stadtquartieren wachsende Anzahl der Kochhäuser verdeutlicht nicht nur, dass Kochen ein wichtiger sozialer Bestandteil ist, sondern auch, dass die eigene, voll ausgestattete Küche nur noch bedingt notwendig ist. Kochhäuser bieten die Möglichkeit, die Räumlichkeiten für private Koch-Anlässe zu nutzen. Die Kochhäuser werden aber auch zu wichtigen Community-Hubs in den Stadtquartieren. Hier kommt man zusammen, hier trifft man sich – ähnlich wie auf einem Marktplatz, aber gemütlicher und vor Wind und Wetter geschützt.

Outsourcing zur Steigerung der Lebensqualität

Gerade die 20- bis 30-Jährigen nehmen mehr Serviceangebote in Anspruch. Outsourcen wird als Steigerung der Lebensqualität gesehen. Bevor man selber versucht, sich eine perfekte Frisur zu föhnen, ist man durchaus bereit, hierfür eine „Blow-Out-Bar“ aufzusuchen. Der Trend aus den USA fasst gerade in Deutschland Fuß. À la Carte kann man sich die Frisur aussuchen, gewaschen und geföhnt wird vom Profi – während man zur Erholung ein Buch liest, sich mit Freunden zum Kaffee verabredet oder arbeitet. Auch Wäsche waschen und Bügeln geht schneller und ist bequemer, wenn man es dem Reinigungsservice überlässt. Zuhause reicht dann auch nur eine Mini-Waschmaschine. Das spart Platz bei kleinem Wohnraum und erleichtert jeden Umzug.

Abschalten, Austauschen, „Alleinsam“-Sein

Und auch die neue Salon- und Clubkultur verdeutlicht das Bedürfnis, nicht mehr das Wohnzimmer in den Mittelpunkt des persönlichen Seins zu rücken. Das Soho-Haus Berlin bietet alle Nutzungsoptionen, die man zum Third Place Living braucht: Kino, Bars, Spa, Salons, Restaurants, Arbeitszonen – sogar Apartments und Hotelzimmer. Hier findet man Orte des Abschaltens, Räume des Austausches oder Bereiche zum „Alleinsam“-Sein, wie beim gemeinsamen schweigenden “Tatort”-Schauen am Sonntagabend. Auch der Münzsalon in Berlin, ganz nach englischem Vorbild mit schweren Möbeln eingerichtet, verbreitet das Flair von gediegener Clubkultur: hier kann man gemeinsam Spezialisierte dritte Orte als Knotenpunkte im individuellen Wohnnetzwerk lesen, diskutieren und Pfeife rauchen.

Diese neuen „Wohnlandschaften“ in den Städten sind angepasst an die veränderten Bedürfnisse einer mobilen, spontanen und vor allem individualisierten Gesellschaft. Sie verbinden Abschalten und Abenteuer, Rückzugsraum und Flanierfläche – zu jeder Zeit. In Zukunft bietet ein dichtes Netz erweiterte Wohnmöglichkeiten: Die eigenen vier Wände müssen nicht mehr alles „können“ und „beinhalten“. Während große Wohnungen ein Ort für alle und alles waren, werden die neuen Kleinraumwohnungen zu einer hochprivaten Zone, einem maßgeschneiderten Rückzugsort. Dabei bedeuten kleinere Wohneinheiten nicht zwangsläufig auch weniger Wohnraum. Denn dieser definiert sich über die neuen Serviceeinrichtungen, Dienstleistungsangebote und optionalen Räume im Quartier und in der Stadt. So werden spezialisierte dritte Orte zu aktiven Knotenpunkten im individuellen Wohnnetzwerk.

Image Credits: Pekkic / fotolia.com