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Das Dorf der Zukunft: 6 mögliche Typen

Das Dorf und die Landwirtschaft galten lange als untrennbar – heute existieren sie voneinander losgelöst. Geht damit eine Krise des Dorfes einher? Nicht unbedingt! In den Dörfern der Zukunft erfinden ländliche Communitys sich neu. 6 Archetypen sind erkennbar.
Das Dorf der Zukunft

Bis ins 20. Jahrhundert hinein war das Landleben keine Lifestyle-Entscheidung, sondern eine Wirtschaftsform. Auf dem Dorf waren Wohnen und Arbeiten – also Landwirtschaft – auf das Engste miteinander verwoben. Naturidylle? Entschleunigung? Alles nachrangig. Was zählte, waren die kurzen Wege zu Forst und Feld. Aber der rapide Wandel des Agrarsektors hat das Landleben radikal verändert. Beschäftigte die Landwirtschaft um 1900 noch fast 40 Prozent der Erwerbstätigen, so sind es heute in ganz Deutschland nicht einmal mehr 2 Prozent.

Dorf und Landwirtschaft sind heute voneinander entkoppelt. Landauf, landab zeigt das Landleben nun ein neues, zukunftsfreudiges Gesicht. Oder besser gesagt: viele Gesichter. Unabhängig vom Agrarsektor entwickeln ländliche Gemeinden sich in unterschiedlichste Richtungen weiter. Die folgende Darstellung zeigt 6 Dorftypen mit Zukunft.

Typ 1: Das Downshifting-Dorf

Zwischen Prenzlau und Templin – von Berlin aus gut zu erreichen – liegt Gerswalde. Der Ort ist in den vergangenen Jahren zum Geheimtipp unter den Liebhaberinnen der Landästhetik und den Empfänglichen für Naturromantik avanciert. Eine Downshifting-Destination erster Güte, die mit dem Auto bequem aus der Großstadt erreichbar ist, aber dennoch den radikalen Kontrast zur Urbanität darstellt. Hier ist alles beschaulicher, gemächlicher, langsamer. Hierher findet, wer einen Gang herunterschalten will, wer echte Entschleunigung sucht. Der malerische, leicht abfallende Garten, der nahtlos in ein märchenhaft-verwunschenes Wäldchen übergeht, ist die Hauptattraktion des Ortes.

Gerswalde ist Trendsetter, paradigmatisches Beispiel für die großstadtkompatible Art, am Dorfleben (temporär) teilzuhaben. Die Downshifting-Dörfer sehen zwar aus wie aus dem Bilderbuch, sind deshalb aber längst nicht aus der Zeit gefallen. Sie sind weltoffen und sogar ein wenig hip, selbst wenn die Bewohnerinnen und Bewohner das nicht so gern zugeben wollen.

Typ 2: Der kreative Hub

Hier treffen sich Individualistinnen und Individualisten mit sehr persönlichen Vorstellungen davon, wie sie sich selbst verwirklichen wollen. Die Freiheit, die das Dorf ihnen bietet, ist ein entscheidender Pull-Faktor für stadtmüde Kreativarbeiterinnen und -arbeiter, die ihrem Beruf – oder ihrer Berufung – eigentlich überall nachgehen können. Kein Wunder also, dass die kreativen Hubs sich nicht in der äußersten Peripherie, sondern in der Nähe größerer Städte bilden. Kennzeichen dieses kreativen Lebens- und Arbeitsstils sind Wohnformen, die das Co-Working von Anfang an mitdenken und ausgelegt sind auf ein Zusammenleben und -arbeiten mit Freelancerinnen und Projektarbeitern. Als kreativer Hub ist das ganze Dorf eine Netzwerkressource.

Viele dieser Netzwerke bilden sogar einen institutionellen Arm aus, beispielsweise die Genossenschaft Freiraumkooperative aus Oranienburg, die sich der Initiierung von kooperativen Wohnprojekten in Brandenburg und Berlin widmet und mit dem Annagarten 2016 seine erste eigene Immobilie gekauft hat: ein viergeschossiges Landhaus aus dem Jahr 1902, das in der DDR-Zeit als Wohnheim für Menschen mit Behinderung genutzt wurde, die heute jedoch in modernen Neubauten leben. Für sie zog die Freiraumkooperative mit 22 Erwachsenen sowie zehn Kindern und Jugendlichen ein, nachdem sie das Objekt drei Jahre lang zusammen renoviert hatten. Auch in Zukunft arbeiten sie gemeinsam weiter: „Wir verstehen unter Arbeit Engagement, Erwerbsarbeit und Entrepreneurship. Wir haben einen sozialen, ökologischen, politischen und kreativen Anspruch als Experimentallabor für eine am Gemeinwohl orientierte, wachstumsbefreite, solidarische Ökonomie“.

Typ 3: Die Einsteiger-Kommune

Die Weltverbesserinnen und Weltverbesserer von heute sind keine Zivilisationsflüchtigen – keine Aussteiger, sondern Einsteiger: Sie konfrontieren Ungerechtigkeit, gesellschaftliche Fehlentwicklungen und Zukunftsprobleme, indem sie die Ärmel hochkrempeln und visionäre Gegenentwürfe realisieren. Der Vorteil der Visionäre und Visionärinnen: Sie sind viele – und längst nicht mehr nur weltfremde Hippies, sondern kommen aus allen möglichen gesellschaftlichen Nischen.

Die Einsteiger sind eine Community mit hohen moralischen Ansprüchen. Politische Mitbestimmung und Basisdemokratie sind konstitutiv für ihre Lebensweise, ebenso das Selbstversorgerprinzip. So leben nahe Kreßberg im Landkreis Schwäbisch Hall 160 Menschen – Erwachsene, Jugendliche, Kinder – in einer großen Bauwagen- und Jurtensiedlung, die sich zu 95 Prozent selbst versorgt – in biologischer Landwirtschaft. Für sie ist die utopische Gesellschaft kein abstraktes Ideal, sondern gelebte Wirklichkeit.

Typ 4: Die Bio-Oase

Nicht jeder Mensch ist zur Selbstversorgerin oder zum Selbstversorger berufen – deshalb entwickeln sich die einstmals vereinzelten, kleinen Biohöfe der Bundesrepublik zu Versorgungsknotenpunkten, die ihrer Größe nach ganzen Dörfern gleichkommen. Das sind die Bio-Oasen, aus denen heraus eine immer weiter steigende Nachfrage nach gesunden, nachhaltig angebauten und geernteten Landwirtschaftserzeugnissen bedient wird.

Dabei ist der strengste Standard oftmals gerade gut genug: Vor allem Demeter-Produkte sind heute aus gut sortierten Biomarktregalen nicht mehr wegzudenken. Der Name Demeter steht dabei für eine besonders ganzheitliche, kompromisslose Landwirtschaft: Der gesamte Betrieb muss nachhaltig bewirtschaftet werden, vom Acker bis zum Stall. Hofeigene Tierhaltung ist Pflicht.

Auch die Versorgung urbaner Räume gehört zu den Kernaufgaben der Bio-Oasen. Bei Frankfurt am Main arbeiten zum Beispiel über 100 Menschen in der dörflichen Gemeinschaft des Dottenfelderhofs. Käse, Brot, Backwaren: Der Hofladen führt ein breites, selbst produziertes Biosortiment. Der Dottenfelderhof, genannt Dotti, ist aber auch regionales Lebens-, Ausbildungs-, und Forschungszentrum. Die Herstellung und Verarbeitung sowie der Verkauf von Lebensmitteln werden hier noch als echtes Handwerk begriffen, welches in der staatlich anerkannten Landbauschule weitergegeben wird.

Typ 5: Das Health Village

Der Zuzug junger, gestaltungsfreudiger Kreativer und Familien verändert verschiedene Regionen des ländlichen Raums in unterschiedlicher Weise. Nicht überall kommen die Jungen in so großer Zahl, dass der demografische Trend zur Alterung umgekehrt oder gar abgefedert würde. Das muss aber kein Problem sein, denn die Senioren und Seniorinnen von gestern sind die erlebnishungrigen Free Ager von heute. Voraussetzung für einen aktiven Lebensstil sind allerdings eine gute Vorsorge- und Gesundheitsinfrastruktur. Deshalb werden immer mehr Dörfer systematisch zu kleinen Gesundheitszentren weiterentwickelt – Health Villages, die konsequent auf den Lebenskomfort einer alternden Bevölkerung ausgerichtet sind.

Das niederländische Hogewey hat vorgemacht, was möglich ist: Das weltweit erste Demenzdorf hat eine maßgeschneiderte Umgebung für kognitiv herausgeforderte Menschen geschaffen. Dieses Dorf hat Schule gemacht, seit 2014 entstehen deutschlandweit vergleichbare Siedlungen. Nicht jedem Dorf sieht man an, dass es ein funktionales Health Village ist. Manche Gesundheitsdörfer sind als Smart Units konzipiert, in denen Gesundheit und Wohlbefinden der Einwohnerinnen und Einwohner über smarte Textilien erfasst und mit flexibel einsetzbaren Medizin- und Pflegedienstleistern geteilt werden. Ein Beispiel ist das Projekt DIGI-ORT (für „Digitales Gesundheitsdorf Oberes Rodachtal“, Landkreis Kronach) des Fraunhofer Instituts für Integrierte Schaltungen.

Typ 6: Das Energiedorf

Nicht nur bei smarter Pflege, auch beim Thema nachhaltige Energieversorgung sind holistische Konzepte der Zukunftsstandard: „Wichtig war und ist uns ein ganzheitlicher Ansatz, der einerseits Einspar-, Erzeugungs- und Abnahmepotenziale vor Ort offenlegt und andererseits die lokale Bevölkerung an dem ökonomischen Nutzen der Projekte teilhaben lässt“, sagt Bertold Meyer, ehemaliger Bürgermeister des Energiebiodorfs Bollewick in Mecklenburg-Vorpommern. Solarfarmen auf weiter Flur prägen längst das Bild der ländlichen Natur mit – im hessischen Mengsberg zum Beispiel blickt man auf 3.000 Quadratmeter Solarkollektoren – und auch das Thema Wärme rückt verstärkt in den Fokus. In Energiedörfern wie Bollewick ist Heizwärme ein Nebenprodukt der ansässigen Landwirtschaftsbetriebe, die über eine moderne Wärmezentrale an die Haushalte liefern. Bertold Meyer bilanziert: „Für uns war das Nahwärmenetz auf Basis von Bioenergie ein Schritt in Richtung Unabhängigkeit, der gleichzeitig die Wertschöpfung in der Region erhöht.“

Dieser Text ist ein Auszug aus der Studie Progressive Provinz – Die Zukunft des Landes.

Bildcredits: Maria Teneva | Unsplash