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Werden Maschinen bald die Weltherrschaft übernehmen?

Über einen Kinderglauben, der nicht totzukriegen ist.
Maschinen Weltherrschaft

Auch das Reich der Zukunftsvisionen hat seine Götzendienste, seine  unabweisbaren Mythen, seinen ABERGLAUBEN - seine Zombies und Untoten. Eine der hartnäckigsten und fundamentalsten aller Zukunftsbilder besteht in der Annahme, jetzt, oder gleich, oder ziemlich bald, die Maschinen die Macht “übernehmen” und uns “unterjochen” werden. Wie oft haben wir das schon in den Filmen gesehen? Der Roboteraufstand in “I-Robot”; mit dem wackeren, um seine fleischliche Familie kämpfenden Will Smith. Die dunkle Ledermantel-Ästhetik  von “Matrix”, in dem coole Sonnenbrillen gegen die Allmacht der Supermaschinen zum Einsatz kommt. Das vom Feuer blankpolierte Gesicht von Arnold Schwarzenegger, dem TERMINATOR, mit  rotglühenden Kohlenaugen in  den Ruinen der Zivilisation. Der kluge rote Auge von  HAL in Kubricks “2001”…

Was so intensiv dargestellt werden kann, so denkt unser armes, kleines Hirn, muss irgendwie auch wahr sein. …

So wie ja auch Elfen und Hobbits garantiert in Neuseeland leben.

Der Feuilletonist Georg Dietz hat im SPIEGEL vom 9. Dezember die Maschinen-Machtübernahme wieder auf zwei glühend epischen Doppelseiten ausgebreitet. “Menschenwürmer” heisst sein raunender Text über die Faszination, ja die unterschwelligen Freuden, die mit der Vorstellung verbunden sind, wir würden “Demnächst” von einer “Superintelligenz” unterjocht, unterdrückt, inkorporiert und transformiert. Eine Gefahr, die - wie zahlreiche Zitate beweisen sollen - “gefährlicher ist als Atombomben.” Dietz schreibt:

“Der Wurm, um das nochmal klarzumachen, sind wir.  Jedenfalls, wenn es Maschinen gibt, die einen IO von 6455 haben Maschinen, die irgendwann einmal von Menschen erfunden wurden, und die es dann geschafft haben, sich mit ihren technischen Mittel schlau und immer schlauer zu machen…. Es ist wie eine riesige Wand aus Eis und Schnee, die auf einen zurast, und man hört schon das Dröhnen, während sich nebenan noch jemand darüber beschwert, dass der Skilift zu teuer ist.”

Georg Dietz, das wissen wir spätestens  jetzt, hat viele Filme gesehen.

Variante zwei des Grossen Maschinenglaubens ist etwas weniger spektakulär, kommt aber umso einleuchtender einher: Maschinen werden uns, wie Erik Brynolfsson und Andrew MAcAfee in ihrem Bestseller “The Second Machine Age”  schreiben, “demnächst”auch die komplexen Jobs wegnehmen. Eine gigantische weltweite humane Arbeitslosigkeit wird die Folge sein - und unseren Wohlstand hinwegfegen.

Beide Phantasien sind im Grunde abgestandene Zukunft,  die schon etwas riecht. 

Die Angst vor der finalen  “Übernahme der Arbeit”  beginnt schon mit den ersten Webstühlen, also in einer Zeit, als Erwerbsarbeit noch kaum existierte, und sie hat sich seitdem nicht gelegt. Was immer stimmte: Ständig werden Menschen im technischen Evolutionsprozess maschinell wegrationalisiert. Aber nach kurzer Zeit schon ist von diesen Verlusten kaum etwas zu spüren.

In den 60er und 70er Jahren verschwanden in Deutschland 2,5 Millionen Arbeitsplätze in der Stahl-Montanindustrie. Vermissen wir sie wirklich?

In den letzten drei Jahren wurde in den Banken zehntausende Menschen freigesetzt, oft in “teuren” Berufen. Eine Stadt wie Frankfurt boomt trotzdem - vielleicht deshalb -ungebrochen.

Die Angst des Ersetzt-Werdens hatte immer schon  zwei Seiten: Soziale Verelendung, aber auch die utopische Sehnsucht nach einem wunderbaren Reich der Freiheit.  Die Zukunftsbilder der 60er Jahre zeigen unisono ein Reich der durch die Maschinen endlich erreichten ewigen Freizeit. Man sieht Männer auf Liegen, während der “Hyperkopter” mit der Ehefrau davonschwebt, oder schwebende fröhliche Wespentaillien-Hausfrauen auf Raumstationen, in eng anliegenden Lycra-Anzügen. Vom Übergewicht durch zu viel Freizeit und Schweben ahnte man damals noch nichts. 

Nun aber sollen die “Maschinen” aber auch jene Sinnarbeit übernehmen, der der gehobene Mittelstand seinen Wohlstand verdankt. All die Deutungs-Berufe wie Rechtsanwalt, Steuerberater,  Manager, Finanzberater, Arzt oder Apotheker - alle perdu.  “Logischerweise” werden “intelligente Computer und Netzwerke” “demnächst” “besser und verlässlicher “ Diagnosen erstellen, Urteile fällen, Verhandlungen übernehmen, Streit schlichten, Vermögen verwalten, Politik machen…

Wirklich? 

Paradoxerweise  hat die Erwerbsarbeit immer und immer weiter zugenommen, je mehr Maschinen in unser Alltagsleben eindrangen. Nicht nur, weil jede Technologie eine Kaskade von Services, Infrastrukturen, Wartungen, Qualifikations-Druck hervorruft. Auch weil gleichzeitig der Sektor der Humandienstleistungen unentwegt wächst. Technologien erzeugen neue Lebensweisen der Mobilität, der Entkoppelung sozialer Verhältnisse. Und in den nun freiwerdenden Verbindungen blühen die “Konnekteure”. Das, was vorher sozial gebunden war - etwa in der kostenlosen Pflege alter Menschen durch Frauen - wird nun professionalisiert. Es sind heute neben den Billig-Service-Jobs vor allem die kreativen und kommunikativen Berufe, die sich explosionsartig verbreiten. Vom Yogalehrer bis zum Eventdesigner, vom Mietphilosophen bis zum Allround-Handwerker, vom Sterbebegleiter bis zum Biowinzer. Dort, im Bereich der Liebe, der Kreativität, des Sinns,  der Zuneigung und Aufmerksamkeit, ist die Arbeitsnachfrage in einer individualistischen Kultur tendenziell endlos. Grundregel: Je MEHR Maschinen die Produktion regieren, desto MEHR Nachfrage nach dem “human factor”.

In Sachen der “Machtergreifung durch die künstliche Intelligenz” kann Dietz sich auf gewichtige Zeigen berufen: Stephen Hawkings etwa, das “Genie im Rollstuhl”, spricht schon sein einiger Zeit von der dräuenden Gefahr der superintelligenten Maschinen. Seine Stimme im Computer klingt so, als wäre das schon Realität.  Amerikanische Zukunfts-Auguren, wenn sie in die Talkshows wollen, erzählen ebenfalls gerne vom kommenden Singularitäts-Zeitalter. Dietz zitiert Nick Bostron, dessen hohles Buch “Super-Intelligenz” das klassische Geschenk für den Grusel-Gabentisch darstellt.  Auch Schirrmacher, der verstorbene Herausgeber der FAZ neigte ja zu einer dräuenden Dämonisierung des digitalen Raumes. Raunen und Murmeln, so, wie es in Deutschland gute Tradition ist. Wann werden wir endlich begreifen, dass George Orwell schwere Depressionen hatte, aber niemals die Wirklichkeit beschrieb?

Warum ist das alles einerseits so betörend, andererseits vollkommener Unsinn, den man jedoch niemals aufdecken oder “widerlegen” kann?

Es fängt bereits an mit dem Begriff der “Intelligenz”. Was heisst es, wenn Maschinen “einen  IQ von 6455 haben”?  Die Definition von Intelligenz war noch vor zehn, zwanzig Jahren völlig klar: Man füllte einen Test aus, bei dem man Quadrate zuordnen und Formen vergleichen musste. Wir alle haben das irgendwann in unserer Kindheit gemacht. Und wurden von Papa und Mutti gelobt, denn 130 war ein toller Wert, Nobelpreisklasse. Oder wir schämten uns mit 105, weil das nicht weit über der Klugheit der Affen lag.  Inzwischen ist die Intelligenzforschung meilenweit von solchen Idiotentests entfernt. Hirn- und Kognitionsforschung lassen uns langsam, mühsam, die emotionalen, spirituellen Seiten der humanen Intelligenz verstehen. Menschen sind Ahnungs- und Heuristik-Wesen - unsere Intelligenz basiert aus Unschärfen, Gefühlen, Sehnsüchten- Wir können Staunen, Lieben, uns wundern - alles, was Maschinen per definitionen fremd ist. 

Es war das Computerzeitalter selbst, dass den Intelligenzbegriff mechanisierte. Bis in die 90er Jahre hinein galten menschliche Hirne noch mehr oder minder als Rechen-Maschinen mit Input-Output-Funktionen. Die damals aufkommende neue Computertechnik führte zu einer iconic shift - man übertrug die Logik des Computers einfache ins humane Sein. Das Gedächtnis war nun die “Festplatte”, das Bewusstsein der “Prozessor”. Das Ergebnis war logisch: mehr Geschwindigkeit würde irgendwann “Superintelligenz” erzeugen. 

“Ein von einer Superintelligenz  physikalisch optimiertes Rechensubstrat wäre effizienter als ein biologisches Gehirn”, schreibt  Bostrom. Aber wann wäre ein solches “Rechensubstrat” “intelligent”? Wenn es lichtschnell rechnen kann, schneller entscheidet, sich an ALLES erinnert, NIE etwas vergisst, alles in logischen Stapeln verarbeitet? Dann wäre es nichts anderes als super-blöd. Das Modell des “Computerdenkens” ignoriert das Wesen der Komplexität, der mit binären Operatoren eben nicht beizukommen ist.  Es ist gerade das bisweilen Langsame, das Assoziative, das UNSCHARFE und Gefühlige, dass den menschlichen Geist  zu seinen wunderbaren Leistungen animiert.

Fazit: Wenn es “intelligente Maschinen” geben sollte, dann  müssten wir den Computern Sex, Angst und Sterblichkeit verleihen. Denn schon die Idee, unser Geist wäre abtrennbar von unserem Körper, von den Endorphinen und Dopaminen und Cholesterinen und Adrenalinen, von der ganzen schmutzigen Biochemie unseres Körpers, hat sich in der modernen Humanforschung längst widerlegt. Wir denken mit dem Körper, und unser Denken ist zutiefst evolutionär, biologisch, fleischlich geprägt . Warum dann nicht lieber gleich Menschen züchten (eine andere unsterbliche Dystopie)?

Woran liegt es am Ende, dass wir Maschinen und Menschen immer wieder so hartnackig und lustvoll verwechseln? Ein Grund  liegt in unserer archaischen Vergangenheit. Den Computern latente Intelligenz zu unterstellen, ist nur ein Symptom für unseren evolutionär geprägten Anthromorphismus. Schon unsere Vorfahren sahen in Felsen dämonische Ungeheuer.  Im Sturm liegt der Zorn Gottes, in den Wolken schaut jemand auf uns herunter: Das beruhigt und erregt unseren ewig unruhigen, ewig verunsicherten Geist. Wir suchen Verbündete und fürchten Dämonen. Peter Sloterdyk nannte das die “vertikale Spannung des Menschen”.

Computer schauen uns an - durch rotblühende Augen. Für diese Aufmerksamkeit sind wir empfänglich, ja regelrecht dankbar. Dass jemand “nach uns schaut”, ist das tiefste, archaischste Bedürfnis den Menschen. Aber da wir uns dieses Blickes nicht sicher sein können, unterstellen wir dem “Technium” eine Eigendynamik, die in Wahrheit aus einer umgedrehten Grössenphantasie entstammt: Wir sind so mächtig, dass wir sogar Superwesen hervorbringen können, die uns ausrotten werden! Mit der selben Legitimität könnte ich behaupten, dass in meinem Garten nächstes Jahr das Gemüse die Macht übernehmen und mich verspeisen wird, weil ich es ja gepflanzt habe…

Ich verdächtige ja schon lange meinen Hund. Aber so sehr ich ihn auch beobachte - er hat nicht  geringsten Ambitionen, die MACHT zu übernehmen. Wozu auch? Dann muss er sich ja selbst um seine leckeren Knochen kümmern…

“Für digitale Intelligenzen, die ihren Körper wechseln wie ihre Kleidung”, schreibt Bostrom, “muss die Erhaltung des Selbst in Form einer bestimmten Implementierung oder eines bestimmten physischen Objekts kein wichtiger instrumenteller Wert mehr sein.” Genau.  Den Maschinen ist es völlig wurscht und piepegal, die “Macht” zu übernehmen. “Macht” ist eine genuin menschliche Kategorie. Aber gerade das können wie niemals, niemals akzeptieren! 

Was hier verhandelt wird  ist nichts anderes als ein Mythos. Die Aufgabe von Mythen ist es nicht, “wahr” zu sein, sondern uns auf dem ewigen menschlichen Grat zwischen Furcht und Lust auf Transzendenz zu balancieren. Sie sind ein Spiegel, in dem wir uns selbst erkennen wollen. Ebensowenig wie man mit einem IS-Mitglied über die Existenz des Paradieses diskutieren kann,  lassen sich die dramatischen Storys der KI-Alarmisten jemals widerlegen. Darin liegt ein letztes, ironisches Paradox. Der romantische Unsinn, den wir mit den superintelligenten Maschinen verbinden,  ist gerade der Beweis dafür, wie radikal wir uns für immer von ihnen unterscheiden.

Bild: Flickr / Garry Knight / The Terminator / CC-BY 2.0

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