Der Shitstorm als Chance

Unternehmen werden von den Effekten sozialer Medien schnell überrollt. Dabei lässt sich eine Shitstorm-Krise sogar als Chance nutzen – wenn die richtige Einstellung vorhanden ist.

Von Patrick Wienecke (11/2015)

Sie sind beleidigend, extrem laut und brauchen meist nur kleine Anlässe, um auszubrechen: Shitstorms. Durch sie werden Unternehmen an den virtuellen Pranger gestellt. Die Beispiele sind zahlreich: Die Deutsche Bahn wurde im Zuge der Lokführer-Streiks kollektiv beschimpft, die Stiftung Warentest brachte beim Thema Kinderimpfung Impfgegner gegen sich auf, die Modekonzerne Mango, Zara und H&M gerieten ins Kreuzfeuer der Kritik, weil ihre Produkte Assoziationen an SS-Symbolik oder militärische Kampfbekleidung weckten.

Bricht die Lawine einmal los, scheint es nur wenig Möglichkeiten zu geben, sich in Sicherheit zu bringen. Doch die Heftigkeit der Reaktionen verstellt zugleich den Blick für die Chancen, die ein Shitstorm trotz allem bieten kann. So kann die – oft berechtigte – Kritik auch Anlass  für Veränderungen sein. Um dieses Potenzial aber ausschöpfen zu können, brauchen Unternehmen gezielte Shitstorm-Strategien.

Worauf beruht unternehmerische “Shitstorm-Resilienz”? Generell gilt: Keine Angst vor Social Media! Direktes Kundenfeedback – ob positiv oder negativ – zeigt, was der Kunde will. Deshalb ist es wichtig, den Gedankenaustausch mit der Netzgemeinde aktiv zu suchen und wertzuschätzen.

Darüber hinaus können folgende Grundregeln helfen, ein Shitstorm-Immunsystem aufzubauen:

  • Don’t feed the troll: Oft ist nicht die Kritik an sich das Problem, sondern einzelne hetzerische Internet-Trolle. Wer dabei allzu schnell einen Shitstorm sieht, gibt Wut-Usern mehr Aufmerksamkeit als nötig – und macht subtilere Kritiker mundtot.
  • Don’t panic: Unbeherrschbar werden Situationen meist erst, weil aus Angst, Zurückhaltung oder Unkenntnis falsche Entscheidungen getroffen werden – die dann erst die eigentliche Krisensituation herbeiführen. Hier gilt es, unaufgeregt zu bleiben: Übereilter Aktionismus ist ebenso falsch wie passives Aussitzen.
  • Die Krise managen: Um schnell und konsequent reagieren zu können, brauchen Unternehmen klar definierte Shitstorm-Zuständige und einen klar definierten Krisenplan, auf den die Zuständigen im Notfall zugreifen können.
  • Shitstorms als Chance: Wirbelt der Sturm erst einmal, kann man auch versuchen, mit ihm zu segeln. Schließlich bringt ein Shitstorm oft mehr Aufmerksamkeit als gezieltes Guerilla Marketing. Wer hier geschickt kommuniziert, kann Kunden im Zweifelsfall sogar näher an sich binden, zum Beispiel durch ehrlich kommunizierte Veränderungen, mit denen die eigene Glaubwürdigkeit erhöht wird.

Beispielhaft für die Umsetzung einer solchen Strategie ist der Umgang der Nachrichtenseite Welt.de mit Trollen, Verschwörungstheoretikern und notorischen Besserwissern. Die Social-Media-Redaktion reagiert auf humorvolle, freche und intelligente Art auf unerwünschte, hetzerische oder stupide Kommentare. Diese Vorgehensweise hat Kultstatus erlangt und füttert auf Facebook mittlerweile eine eigene Fanpage mit Inhalten.

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