Das Ende der Konsumtempel
Die Warenhauskrise zeichnete sich schon seit der Jahrtausendwende ab. Seit zehn Jahren ist es ein Trauerspiel, man scheint Zeuge eines langsamen Todes von Kauf- und Warenhäusern zu sein. Mit der Insolvenz des Arcandor-Konzerns 2009 wird nicht nur Karstadt in die Insolvenz gerissen, sondern auch Quelle (heute ein Tochterunternehmen der Otto Group), Neckermann (Namensrechte bei der Otto Group) und Hertie (Namensrechte aufgekauft von der HDK Gruppe, Betreiber von 21 Online-Shops). Der deutsch-amerikanische Unternehmer Nicolas Berggruen kaufte Karstadt 2010 für einen symbolischen Euro aus der Insolvenz, 2014 übernahm die österreichische Signa Holding das Unternehmen. Tapfer hielt sich dagegen Kaufhof. Zwar kündigte die Metro 2008 an, Kaufhof verkaufen zu wollen – allerdings erst 2015 ging das Unternehmen an die kanadische Hudson Bay Company über.
Totgesagte leben länger
Umso verwunderlicher, dass nun im Grunde Karstadt Kaufhof übernimmt bzw. dass Signa Holding laut aktuellen Meldungen 50,01 Prozent Anteile am neuen Unternehmen hat. Da scheint einer ziemlich viel richtig gemacht zu haben in letzter Zeit. Andererseits ist es auch wiederum nicht verwunderlich, wenn man bedenkt, mit welchem Stolz so mancher Kaufhof-Filialchef vom neuen Online-Shop berichtet hat – und wie toll der funktioniere. Vor dem inneren Auge sah man sich wohl schon gleichauf mit Amazon. Man muss kein Zyniker sein, um sich die Frage zu stellen, warum denn bitte Online-Käufer nun Amazon den Rücken kehren sollten, um im Online-Shop von Kaufhof einzukaufen.
Natürlich, eine Online-Präsenz ist wichtig.
Das Prinzip „Alles unter einem Dach“ nur ins Internet zu verlagern reicht nicht.
Doch das Prinzip „Alles unter einem Dach“ nur ins Internet zu verlagern reicht nicht. Da ist einfach kein Platz mehr neben Amazon, Zalando, ebay, Otto und unzähligen Marken-Shops. Doch wie sieht nun die Zukunft des Warenhauses aus – hat es überhaupt eine? Für die Mitarbeiter zwar eine bittere Nachricht, doch eine Fußgängerzone in einer Stadt braucht keine zwei Warenhäuser. Das Interesse an Warenhäuser ist gering, ein Großteil der Deutschen kauft nur selten dort ein. Viele Kunden können zudem überhaupt nicht zwischen Karstadt und Kaufhof unterscheiden. Klar, denn keines der beiden Unternehmen hat ein eindeutiges Alleinstellungsmerkmal. Dann lieber mehr Vielfalt als zuviel des Gleichen in der Innenstadt, heißt: Filialen werden schließen, Personal wird entlassen.
Hybrid Spaces – Mischnutzung für Vielfalt statt Homogenität
Kauf- und Warenhäuser müssen dem Wandel in die Augen blicken und ihr Konzept überdenken. So können die Großflächen aufgeteilt werden und einzelne Bereiche an andere Händler, Marken oder Gastronomen untervermietet werden. Somit verschmelzen Handelskonzepte immer mehr mit Gastronomie- und Dienstleistungsangeboten zu hybriden Flächen. Zum Teil passiert das heute auch schon: Flächen wurden an die Parfumkette Sephora vermietet, manches Erdgeschoss wird inzwischen von Lebensmittelhändlern wie Aldi genutzt. Künftig ist hier eine größere Vielfalt vonnöten. Damit nähern sich Kauf- und Warenhäuser aber auch immer mehr den Shopping-Centern an und treten mit ihnen in direkte Konkurrenz. Wer dabei als Gewinner hervorgehen wird bzw. ob es überhaupt einen Gewinner geben kann, ist offen. Einen Vorteil, den Kauf- und Warenhausimmobilien ganz klar haben ist ihre 1A-Lage – vor allem gegenüber Einkaufszentren, die sich nicht in den Fußgängerzonen oder in der direkten Innenstadt befinden.