Sozio-Gesundheit und Self-Tracking: Gesundheit wird ganzheitlicher - auch im Badezimmer. Ein Auszug aus der Auftragsstudie des Zukunftsinstituts für den Sanitärkonzern Geberit.
Gesundheit und Hygiene: Beginn einer neuen Ära

Kaum ein anderer Trend steht so sehr im Zentrum des gesellschaftlichen Wandels wie der Megatrend Gesundheit. Vor dem Hintergrund steigenden Wohlstands und einer alternden Gesellschaft rückt die Gesunderhaltung an die Spitze der kollektiven Aufmerksamkeit. Das gilt sowohl für den Einzelnen aus seiner individuellen Perspektive heraus als auch für die Gesellschaft insgesamt. Sozialsysteme und Wettbewerbsfähigkeit können nur dann aufrechterhalten werden, wenn die Bürger lange Gesundheit wird wichtiger - für den Einzelnen und für die Gesellschaft gesund bleiben und angesichts einer schrumpfenden Zahl von Erwerbstätigen auch im höheren Alter noch arbeitsfähig sind. Dieses nationale Interesse deckt sich durchaus mit dem privaten Anspruch, sich durch eine gute Gesundheit hohe Freiheitsgrade zu erhalten. Denn wer gesund ist, hat mehr Möglichkeiten, mehr Optionen: um eine neue Partnerschaft einzugehen, ein Unternehmen zu gründen oder um die Welt zu reisen. Der Megatrend Gesundheit geht Hand in Hand mit dem Megatrend Individualisierung.
Die neue Ganzheitlichkeit
Nach einer Phase, in der das prägende Element der Gesundheitsdiskussion die körperliche Fitness war, stehen wir nun vor einer umfassenden Rückbesinnung auf den gesamten Menschen. Das Zusammenspiel von Körper und Geist sowie deren Wirkungsweisen im Wechselspiel werden als Gesamtsystem neu bewertet. Insbesondere die geistig-seelische Gesundheit rückt verstärkt in den Fokus. In einer Wissensgesellschaft ist vor allem der Kopf stark belastet und Aspekte wie Motivation und Antriebskraft sind ebenso Ausdruck von guter Gesundheit. Der zentrale Aspekt ist die selbst empfundene Lebensenergie. Die Folge ist: Was Menschen unter Gesundheit verstehen, wird zunehmend durch qualitative Einschätzungen hinsichtlich Wohlfühlen, Balance bis hin zur Selbstverwirklichung beantwortet. Wer sich glücklich fühlt, versteht sich selbst auch als gesund. Wer ausgeglichen ist, lebt in einem gesunden Zustand. Nicht umsonst drehte sich in den vergangenen Jahren so viel um Wellness und Selfness, nicht umsonst fusionieren im Feld der Medical Wellness die Ebenen der Krankheitsbewältigung und der Lebenskompetenz der Menschen.
Mehr Verantwortung für das Individuum
Dabei fällt auf: Die Verantwortung für die Gesundheit rückt immer weiter in Richtung des Individuums. Doch was in seiner Intention zur Balance führen soll, erhöht erst einmal den Individualstress. Das spiegelt sich in der hohen Zustimmung zur Diagnose, eine kollektiv ermüdete Gesellschaft zu sein, wie es der Philosoph Byung-Chul Han formuliert. Die Tatsache, dass die Gesundheitsverantwortung Sich selbst ein gesundes Leben zu verpassen, lautet die Devise der kommenden Jahre. fürs ganze Leben plötzlich bei einem selber liegt, empfinden viele als Überforderung: „Das erschöpfte Selbst“, so beschreibt dies der Soziologe Alain Ehrenberg in seinem gleichnamigen Buch. Doch die Anforderungen werden in Zukunft noch aufwändiger. Der Einzelne bekommt es noch mehr mit seiner eigenen Gesundheit zu tun. Menschen brauchen im komplexen Lebensumfeld des 21. Jahrhunderts mehr Energie als je zuvor. Sich selbst ein gesundes Leben zu verpassen, lautet die Devise der kommenden Jahre. Damit nicht die Überforderung, sondern die Lebensenergie zunimmt, braucht es einen anderen, positiveren und intuitiveren Zugang. Das Badezimmer und die Toilette können dabei eine wichtige Rolle einnehmen, um die nötige Lebensenergie in der Balance zu halten.
Die neue Sozio-Gesundheit
Sobald man anfängt, den Weg zur Gesundheit nicht mehr negativ über Unterlassungen zu beschreiben, sondern über positive „Gesundmacher“, ergeben sich ungeahnte Möglichkeiten – die zudem auch noch Spaß machen. Im Jahr 2011 fand eine Studie in Norwegen mit 50.000 Teilnehmern heraus, dass auch Theater- und Opernbesuche die Gesundheit verbessern können. Mit dieser Perspektive erweitern sich die Felder der Gesunderhaltung auf alle Lebensbereiche. Gesund macht, was gut tut. Damit rückt auch das Badezimmer als lustvoller Gesundmacher ins Blickfeld, wo eine zunehmend höhere Das Bad ist das zweite Wohnzimmer Aufenthaltsqualität und Wellness-Rituale die „Sozio-Gesundheit“ erhöhen. Welchen hohen Stellenwert sich Bad und Toilette dabei bereits erobert haben, zeigen die Ergebnisse unserer Umfrage: Auf die Frage, in welchem Wohnbereich besonderer Wert gelegt wird, sich wohlzufühlen, ist das Bad/WC mit 41 Prozent nahezu gleichauf mit der Küche (45%). Allein das Wohnzimmer ist mit 88 Prozent als Ort des Wohlbefindens sehr viel höher im Ranking.
Doch deutet die Entwicklung auf eine zunehmende Verschmelzung hinsichtlich der Wohnvorstellungen hin. Das Badezimmer wird ähnlich wie das Wohnzimmer als Ort der Entspannung genutzt. Mit 70 Prozent steht „Entspannen“ an erster Stelle der Antworten auf die Frage, was man in seinem Badezimmer außer Duschen, Baden und auf die Toilette gehen noch macht. An zweiter Stelle folgt „Lesen, Radio/Musik hören“ mit 53 Prozent, gefolgt von Telefonieren mit 26 Prozent. Es ist also nicht übertrieben zu sagen, das Bad ist das zweite Wohnzimmer. So finden sich dort auch immer häufiger Wohnzimmerelemente wie Teppiche, Couchelemente oder gar Feuerstellen bzw. Kamine.
Ebenso hält die Integration von Medien Einzug ins Badezimmer. Schließlich entspannen die meisten Menschen nach einem harten Arbeitstag vor dem Fernseher. So kommt es vielen entgegen, die Entspannungsqualitäten eines heißen Bades mit dem Genuss der Lieblingssendung zusammenzubringen. Realisiert wurde dieses Verlangen beim „La Scala Bathing and Entertainment Centre“: In die Spa-Badewanne ist ein 42-Zoll-High-Definition-Plasmamonitor mit leistungsstarkem Surround-System integriert, bedienbar mit einer schwimmenden Fernbedienung. Der Whirlpool hat einen Durchmesser von gut 1,80 Meter und bietet somit reichlich Platz für zwei Erwachsene. Zehn strategisch platzierte Hydrotherapie-Düsen und Unterwasser-Leuchten sollen für eine optimale Entspannung sorgen.
Das Badezimmer der Zukunft: Fun + Funktion
Die Grenzen zwischen Fun und Funktion lösen sich im Badezimmer der Zukunft zunehmend auf. Denn wenn Körperpflege und Hygiene auch noch Spaß machen, trägt dies zusätzlich zur Gesunderhaltung bei. Diese fruchtbare Symbiose zeigt sich in den Ergebnissen unserer Umfrage sehr deutlich. Für 80 Prozent der Befragten ist Körperhygiene ein elementarer Bestandteil ihrer Gesundheit. Beinahe ebenso viele, nämlich 70 Prozent, sagen, Körperpflege muss Spaß machen. In diesen Ansprüchen 70 Prozent, sagen: Körperpflege muss Spaß machen unterscheiden sich die Frauen deutlich von den Männern. Vor allem, was das Bedürfnis betrifft, dass Körperpflege Spaß machen soll. Dies ist 78 Prozent der Frauen wichtig, im Vergleich zu 62 Prozent der Männer. Je stärker Wohlfühl- und Vergnügungsaspekte in die Gesundheitspflege einfließen, desto größer werden der Raum und die Akzeptanz für Innovationen im Badezimmer. Mittlerweile gibt es Dampfduschen mit Duftprogramm (Artweger), Horizontal-Duschen, die es erlauben im Liegen zu duschen mit vorprogrammierten Choreographien hinsichtlich Wassertemperatur, -druckintensität und -volumen (Dornbracht) sowie Sound- und Lichtspiele mittels LED-Stripes. Vor dem Hintergrund dieser Entwicklung empfiehlt es sich, auch das Dusch-WC in Bezug auf seine emotionalen Wohlfühlqualitäten zu betrachten: Was bietet es bzw. was könnte es bieten an Duft-, Sound- und Lichteffekten? Gesundheit soll Spaß machen.
Self-Tracking revolutioniert das Gesundheitsverständnis
„Wir haben keinen Schrittzähler im Fuß, keinen Atmungsmesser in der Lunge, keinen Glukosemonitor in der Blutbahn. Uns fehlt der physische, wie der mentale Apparat, um uns zu erfassen. Wir brauchen Hilfe von Maschinen.“ Dieses Statement stammt von Gary Wolf, einem der Gründer des Blogs „Quantified Self“, aus dem eine globale Bewegung entstanden ist, deren klar formuliertes Ziel ist: „Self-knowledge through numbers“. Ihre Mitglieder nutzen Smartphones, um genau zu messen, wie lange sie schlafen, wie viel Kalorien sie verzehren etc. Dieses Wissen wirkt als Feedback auf den Menschen zurück, um einer besseren Lebensweise zu folgen. In dem weiteren Streben nach Lebensqualität und der weiteren Verfügbarkeit von Self-Tracking-Tools werden sich die Menschen auf eine neue Erkundungsreise in ihre unmittelbare Umwelt und vor allem in ihren Körper machen. Dabei werden auch zunehmend Produkte unseres alltäglichen Gebrauchs mit gesundheitsfördernden Tracking- und Feedback-Funktionen angereichert.
Ein plakatives Beispiel unserer Zeit ist die elektrische Zahnbürste Triumph 5000, eine Entwicklung der Firma Oral-B. Sie erfasst, wie lang der Benutzer sich die Zähne putzt und gibt ihm auditive Feedbacks, wann die empfohlene Putzzeit erreicht ist. Zudem signalisiert der eingebaute Professional Timer alle 30 Sekunden den Wechsel von einem Kieferquadranten zum nächsten. Bei zu hohem Druck auf das Zahnfleisch meldet sich ebenfalls sofort ein Signalton und die Bürste reduziert eigenständig ihre Funktion. Der mitgelieferte Smart Guide gibt dabei über seine LED-Anzeige ständiges Feedback über Putzverhalten und -dauer. Eine unabhängige Studie hat festgestellt: Die Probanden hielten fünfmal häufiger die empfohlenen Putzeinheiten von zweimal zwei Minuten pro Tag ein und verbesserten zu 92 Prozent innerhalb eines Monats ihr Putzverhalten deutlich.
Das Badezimmer als Self-Tracking-Zentrale
Das Badezimmer scheint das Einfallstor fürs häusliche Self-Tracking zu werden. Es ist naheliegend, schließlich beschäftigt man sich hier mit dem Körper besonders intensiv. Für all jene, die sich nicht nur wiegen, sondern umfassendes Gewichtsmanagement praktizieren wollen, gibt es jetzt die digitale Personenwaage Black Wifi Body Scale. Die Wage kann bis zu acht verschiedene Personenprofile abspeichern und hat eine automatische Personenerkennung. Gemessen werden zudem nicht nur Gewicht, sondern auch Körperfett und Body-Mass-Index. Dank einer integrierten WLAN-Verbindung lädt die Waage nach jedem Wiegevorgang automatisch Gewicht und Körperfettanteil hoch und gleicht Die Art und Weise des Feedbacks ist entscheidend sie mit früheren Ergebnissen ab. Mit Hilfe der kostenlosen Health Companion App von Withings kann man sich den Gewichtsverlauf anzeigen lassen und sich selbst erreichbare Ziele setzen oder die Ergebnisse ganz einfach auch mit Freunden auf Facebook und Twitter teilen. Die „Health Cloud“ von Withings ermöglicht eine nahtlose Integration persönlicher Gesundheits- und Fitness-Apps. So kann der Nutzer selber wählen, was ihn am meisten motiviert, sein Gewicht zu optimieren.
Von der intelligenten Zahnbürste und Waage zum intelligenten WC ist der Weg nicht allzu weit. Die Gewöhnung sowie die Nutzung von Self-Tracking-Funktionalitäten werden in den kommenden Jahren stetig voranschreiten. So wie heute fast jedes neue Telefon ein Smartphone ist, wird es irgendwann kaum ein Alltagsprodukt geben, das nicht mit digitaler Intelligenz ausgestattet ist. Ob wir immer diese Funktionalitäten nutzen, ist wiederum eine andere Frage. Der Zugang ist auch hier wieder der Spaß. Der Smiley, der von meiner Zahnbürste lächelt, macht diese zu einem sympathischen Alltagsfreund und nicht zur Cyber-Gouvernante. Die Art und Weise des Feedbacks entscheidet. Es muss positiv sein, soll es motivierend wirken. Mit der Selftracking-Zahnbürste wurde auf jeden Fall ein Samenkorn gesät. Insgesamt sind die Menschen für Innovationen im Badezimmer aufgeschlossen. So sagen 63 Prozent, dass sie für Neuerungen im Badezimmer offen sind. Und immerhin ein Drittel (33 Prozent) legt im Bad- und Sanitärbereich hohen Wert auf innovative Technik. Das gilt insbesondere für die einkommensstärkste Gruppe mit einem Haushaltseinkommen von 4.000 Euro und mehr (47 Prozent).
Ausblick: Gesundheit zwischen Technologie und Natur
Die gegenwärtigen Trends im Gesundheitsbereich scheinen sich bisweilen zu widersprechen. Auf der einen Seite gibt es den großen Drang nach Naturheilverfahren und Homöopathie, deren Wirkung wissenschaftlich nicht nachgewiesen werden kann. Auf der anderen Seite dringen wir technisch hochgerüstet mit immer feineren Analyseverfahren ins Köperinnere vor und unterziehen uns einem fortwährenden Self-Tracking. Im Sinne evolutionären Fortschritts ist dies nicht ungewöhnlich, da sich im Spannungsfeld von These und Anti-These häufig eine neue Synthese herausbildet. Unser Gesundheitsbewusstsein wie auch unser Gesundheitssystem wird sich daher auf einer neuen Synthese aus Technologie und Natur aufbauen. Technologie wird herangezogen, um der Natur des Menschen näher zu kommen. Technologie hilft uns, der Natur des Menschen näher zu kommen Wo sie weggelassen werden kann, beispielsweise in Form einer menschenunwürdigen Apparatemedizin, wird auf sie verzichtet werden. Wenn uns das Self-Tracking gängelt, werden wir ebenfalls darauf verzichten wollen. Die digitale Waage, die automatisch den Kühlschrank verriegelt, werden wir nicht akzeptieren. Motiviert sie uns jedoch erfolgreich, einen Salat zu essen, wird sie unser bester Freund.
Ein konkretes Beispiel für solch eine Symbiose aus Technologie und Natur ist der Sleep-Tracker von Zeo, der den vielen Menschen mit Schlafproblemen helfen will. Das Kopfband mit dem entsprechenden Messgerät wird abends vor dem ins Bett gehen umgeschnallt. Die im Schlaf ermittelten Daten werden dann direkt aufs Smartphone synchronisiert. Am PC erscheinen anschließend die Werte wie Schlafdauer, Tiefschlafphasen und anderes, woraufhin ein personalisierter Rat zum Verbessern des Schlafes gegeben werden kann. Hier ist Technik im Spiel. Sie greift aber weniger in den Menschen ein als jede Schlaftablette. Noch besser wäre es natürlich, wenn man sich gar nicht mehr ein Gerät um den Kopf schnallen müsste.
Dieses Streben nach einer neuen Balance aus Technologie und Natur ist auch für das Dusch-WC sehr relevant. Dessen innewohnende Technik muss eine „natürlichere“ Form des Reinigens und der Hygiene ermöglichen. Mit dieser Perspektive gilt es auch künftige Self-Tracking-Funktionen Das Dusch-WC als positiver Wohlfühlmacher zu beurteilen. Ist die tägliche Körperfettanalyse tatsächlich hilfreich oder entfernt sie den Menschen von einem zwanglosen – und damit gesünderem – Umgang mit der Ernährung? Das Dusch-WC darf kein strenger Gesundheitsapostel, sondern muss immer ein positiver Wohlfühlmacher sein. Das kommt auch in unserer Umfrage deutlich zum Vorschein, wenn es darum geht, Begriffe zuzuordnen, die für die Befragten ein Traumbad ausmachen: „Natürlich“, „warm“, „sanft“ und „hell“ stehen an den ersten Stellen
Quelle (Download): “Körperbewusstsein und Hygiene im Wandel”
Auftragsstudie des Zukunftsintituts für Geberit (03/2013)