Harald Ehren, Chefredakteur der fischerAppelt-Gruppe, über die neuen „Männlichkeitsinseln“ und die Markenkommunikation der Zukunft.
Von Harald Ehren (07/2015)
Harald Ehren, Chefredakteur der fischerAppelt-Gruppe, über die neuen „Männlichkeitsinseln“ und die Markenkommunikation der Zukunft.
Von Harald Ehren (07/2015)
Herr Ehren, was macht Marken männlich?
Harald Ehren: Vor allem das, was Frauen angeblich an Männern so attraktiv finden: Humor, sich selbst nicht so ernst nehmen, Gelassenheit.
Das war ja nicht immer so – wie hat sich das männliche Rollenbild in der Markenkommunikation der vergangenen Jahre entwickelt?
Umgekehrt zum weiblichen Rollenbild – nämlich vom impliziten zum expliziten Sexsymbol. Übrigens in all seinen Facetten, wenn etwa Friedrich Liechtenstein in der „Supergeil“-Edeka-Werbung seinen Bauch aus dem Badewannenschaum präsentiert, ist das ein Sexsymbol-Fake. Und auch all die Männer mit den Vollbärten, die ja auch heftig gepflegt werden müssen.
Es gibt immer mehr Lifestyle-Magazine für Männer. Was unterscheidet die männliche Mediennutzung von der weiblichen?
Die Lifestyle-Magazine setzen sehr auf die „Freiheit“-Komponente. Männer sind heutzutage immer mehr in Verantwortung oder Rollen eingebunden, und Lifestyle-Magazine bedienen die Sehnsucht nach dem Ausbrechen aus diesem Verantwortungskorsett – in allen dafür relevanten Themengebieten: Sport, Reise, Mode, Beziehung/Partnerschaft, Hobby.
Ist dieses Freiheits-Versprechen auch entscheidend bei der „männlichen“ Markenkommunikation von heute?
Ja, Freiheit spielt eine zentrale Rolle. Wichtig ist daneben das Thema Freundschaft – wobei Männerfreundschaften noch einmal ganz anders als Frauenfreundschaften sind. Und „Männlichkeit“, die heute wieder einfacher wird.
Für die neue Unterwäsche-Kollektion von David Beckham warb H&M mit einem eher klassischen Männlichkeitsbild. Halten Sie das noch für zeitgemäß?
Der Spot ist ja mehr eine Verballhornung des Männlichkeitsbegriffs. Der übrigens so nur mit David Beckham funktioniert. Hätte man etwa Ronaldo genommen, würde das nicht funktionieren. Ronaldo beschreibt den eitlen Pfau, den Macho, der aber auch irgendwie metrosexuell ist – was kein Gegensatz ist. Beckham dagegen ist „cool“ in der unaufgeregten, gelassenen Form. Insofern ist der Spot mit Beckham durchaus zeitgemäß.
Ein Blick in die Zukunft: Wie sieht die männliche Markenkommunikation in zehn Jahren aus?
Die Markenansprache wird bei Männern in zehn Jahren ausdifferenzierter sein. Es wird noch mehr klare „Kommunikationstypen“, sprich Zielgruppen, geben. Die Rollenvielfalt bei der Frau ist schon gegeben, deshalb gibt es dort auch schon die ausdifferenzierte Markenkommunikation. In den nächsten zehn Jahren werden sich die Männer in ihren Rollen stärker definieren – als Vater, Job-Überflieger, Liebhaber, Lebenskünstler. Die Markenkommunikation geht mit.
Harald Ehren absolvierte die London School of Economics, arbeitete bei F.A.Z. und manager magazin und war Gründungsmitglied der Financial Times Deutschland. Seit 2008 ist er als Chefredakteur bei der Kommunikationsagentur fischerAppelt verantwortlich für alle Content- und Newsroom-Formate.
Das Interview führte Christian Schuldt