Das Ende des Period-Shaming
Gerade junge Frauen (und Männer) wollen nicht mehr mitmachen beim Period-Shaming. Immer mehr Menschen, Kunstprojekte, Organisationen und Start-ups versuchen aktiv, das Thema von Scham und Schande zu befreien – und aufzuklären. Unternehmen wie ooia, The Female Company und einhorn, NGOs wie Menstrual Health Hub, Social Period und WASH United, oder Aktivistinnen wie Nanna-Josephine Roloff und Yasemin Kotra, die die Petition für die Senkung des Mehrwertsteuersatzes für Perioden-Produkte initiierten, sorgen für Aufklärung und die Enttabuisierung der Periode. Ooia beispielsweise verkauft Periodenunterwäsche, und kämpft dabei für die Enttabuisierung der Periode. Die Gründerinnen hatten ihr Produkt vor einigen Jahren selbst bei der Fernsehshow „Die Höhle der Löwen“ vorgestellt – bekam jedoch keinen Deal.
Mit Pinky Gloves wird suggeriert, dass ein Problem für Frauen gelöst wird – für die wenigsten Menstruierenden ist allerdings die Entsorgung von Tampons das Problem. Problematisch ist dagegen die Hemmschwelle, sich wegen Menstruationsbeschwerden krank melden zu können; Vorurteile, Missverständnisse und Unwissenheit von Partnern; Scham und fehlende Aufklärung; sowie überteuerte und umweltschädliche Menstruationsprodukte. Der Verdacht drängt sich auf, dass
Die Periode wird weiter tabuisiert: Als etwas Unreines, Unhygienisches, das nur mit Gummihandschuhen angefasst werden sollte.
bei Pinky Gloves eher aus der Perspektive von Menschen gedacht wurde, die gar nicht selbst menstruieren, sondern sich eher am Anblick blutiger Tampons im Mülleimer stören.
Damit wird die Periode weiter tabuisiert: als etwas Unhygienisches, Unreines, das nur mit Gummihandschuhen angefasst werden sollte. Eigentlich verstehen wir uns als aufgeklärt, doch Produkte wie Pinky Gloves zeigen, dass ein aufgeklärter und normaler Umgang mit Menstruation momentan noch weit weg vom Mainstream ist. Während man sich munter über Erkältungen und Allergien austauscht, wäre es undenkbar, genauso ungezwungen über völlig gesunde körperliche Abläufe zu sprechen – wenn sie nur Frauen betreffen.
Menstruation wird Mainstream
Doch der Zeitgeist hat sich gedreht: Die Menstruation erlebt ihr Momentum. Das zeigt jetzt auch der enorme Shitstorm, den Pinky Gloves erlebt hat. Denn Menstruation ist eng verbunden mit den Debatten über Feminismus und Empowerment. Und natürlich mit Sex, denn Lust und Zyklus hängen eng zusammen. So bricht gerade ein jahrhundertealtes Stigma auf, und ein lange totgeschwiegenes Thema wird zum Objekt von Aktivismus und Popkultur. Die sogenannte Luxussteuer auf Tampons und Binden wurde zum Thema politischer Proteste, bis 2020 der Bundestag eine Senkung der Mehrwertsteuer auf Monatshygiene-Produkte durchsetzte. Es formieren sich neue Geschäftsmodelle und zahlreiche Start-ups rund um Menstruation, von Menstruations-Apps wie Clue über Menstruationstassen bis zu spezieller Unterwäsche wie Knixwear oder Bodyform, die in ihrer Werbung sogar erstmals Blut zeigen.
Die neuen Marken sind laut, frech und gehen offensiv mit dem Thema um. „Zum ersten Mal finden Frauen Alternativen zu den Marken ihrer Mütter, deren Hauptverkaufsargument Diskretion war“, schreibt Vera Görgen in ihrem Text „Läuft bei dir?“. In Zeiten von #MeToo wollen junge Frauen nicht mehr im Stillen leiden: Unter #periodproud, #iloveperiods oder dem indischen #happytobleed laufen nicht-endende Diskussionen über die Tage und deren (Ent-)Tabuisierung. Die Firma Thinx, die blutabsorbierende Unterwäsche herstellt, hat den TV-Werbespot „MENstruation“ veröffentlicht, in dem Frauen und Männer ihre Tage haben. Die Message: Wenn wir alle unsere Periode hätten, wäre sie kein Tabuthema. Einzelne Fernsehsender verbieten oder zensieren den Spot. Doch der Einzug von „Frauenthemen“ in die Popkultur ist nicht mehr zu stoppen.