Solo-Reisen geht für Frauen oft einher mit dem Verzicht auf individuelle Freiheiten. Ein Umstand, der zugleich neue Vermarktungschancen für die Tourismus-Industrie erschließt.
Von Marisa Mühlböck (07/2015)
Solo-Reisen geht für Frauen oft einher mit dem Verzicht auf individuelle Freiheiten. Ein Umstand, der zugleich neue Vermarktungschancen für die Tourismus-Industrie erschließt.
Von Marisa Mühlböck (07/2015)
„Solo-Reisen“ liegt im Trend: Laut einer Umfrage des Reiseportals GoEuro unter europäischen Touristen sind 74 Prozent der Reisenden aus der Schweiz, 61 Prozent aus Deutschland und 60 Prozent aus Österreich gern alleine unterwegs. Für Frauen lässt sich insbesondere ein wachsendes Potenzial im Bereich der Geschäftsreisen belegen: Bis 2020 soll der Anteil der Frauen an den deutschen Geschäftsreisenden von aktuell 19 auf 38 Prozent steigen, so eine Studie von A. T. Kearney. Gehen die Anbieter noch mehr auf die Bedürfnisse ihrer Kundinnen ein, ist nach konservativer Einschätzung im Jahr 2020 eine Umsatzsteigerung von bis zu 350 Millionen Euro allein für berufliche Bahn und Flugreisen möglich.
Doch jenseits beruflicher Kontexte tut sich bei der Zielgruppe der „Solo-Reisenden“ aber eine genderspezifische Spaltung auf. Denn während Männer prinzipiell bedenkenlos allein auf Reisen gehen können, wünschen sich alleinreisende Frauen oft mehr Sicherheit – und leiden darunter, dass dieser Umstand ihre individuelle Freiheit einschränkt. Wie reagiert die Tourismus-Branche auf diesen Gender Gap?
Einige (wenige) Hotels verfügen inzwischen über Stockwerke, die eigens für Frauen reserviert sind. Manche OnlineReiseportale haben sich auf das weibliche Kundensegment spezialisiert, einzelne Reiseveranstalter bieten „WomenonlyTouren“an. Aber für Frauen, die individuell reisen wollen, sind Angebote, die ihr Reiseleben sicherer und damit freier machen, weiterhin rar.
Gesucht sind Antworten auf die Fragen, die sich soloreisende Frauen häufig stellen:
Ein schon bestehendes, aber noch eher seltenes Angebot sind "Communal Tables" meist sehr große Tische, an denen jeder Gast, der möchte, zum Essen Platz nehmen kann. Dabei werden vor allem SoloReisende angesprochen, die in ungezwungener Atmosphäre mit anderen Reisenden in Kontakt kommen wollen. Gerade für Frauen ist dies eine willkommene Möglichkeit, in einem entspannten Rahmen ohne irgendwelche Verpflichtungen Zeit zu verbringen. Ein Angebot, das besonders in der Gastronomie noch viel zu wenig gemacht wird und nicht nur für die Zielgruppe soloreisende Frauen interessant ist.
Hier besteht in der TourismusBranche noch viel Spielraum für Angebote, die sowohl die Sicherheit alleinreisender Frauen stärken – bei gleichzeitiger Gewährleistung maximaler individueller Freiheit. Nicht zuletzt bei der Vermarktung von Regionen könnten solche Überlegungen spannend sein. Gerade Länder und Städte, die grundsätzlich als sichere Reisedestination gelten und in denen Frauen als in jeder Hinsicht gleichberechtigt akzeptiert werden, haben hier Positionierungspotenzial.
Marisa Mühlböck ist studierte Wirtschaftswissenschaftlerin, arbeitete bei Unternehmen wie BMW und Kraft Foods und war als Beraterin der PR und Lobbyingagentur Pleon Publico tätig. Von 2011 bis 2015 war sie Geschäftsführerin der Julius Raab Stiftung in Wien, die sich als Think Tank aktuellen wirtschafts- und gesellschaftspolitischen Herausforderungen widmet.