Wie passen Crowdfunding und Social Businesses zusammen?
Bei beiden Themen geht es darum, Menschen mitzunehmen. Kein Crowdfunding ohne Crowd. Kein gesellschaftlicher Wandel ohne Gesellschaft. In meinen Augen ist die Schnittmenge beider Themen groß und passt gut zusammen.
Ein weiterer Grund für den guten Match ist die extreme Zurückhaltung der Politik bei dem Thema Social Entrepreneurship. Erst kürzlich wurden in der Studie „The best place to be a Social Entrepreneur“ die 45 wirtschaftlich stärksten Nationen dazu untersucht. Bei dem Punkt „Unterstützung durch die Regierung“ landet Deutschland nur auf Platz 34 – zwischen Griechenland und Mexiko. In meinen Augen ein Desaster, wenn man sich unsere Tradition bei der Realisierung gesellschaftlicher Innovationen und aktuelle gesellschaftliche Herausforderungen anschaut.
Wenn ich mir das aktuelle politische Handeln ansehe, kommt mir immer wieder das Sprichwort „Wer nicht mit der Zeit geht, geht mit der Zeit“ in den Sinn. Bislang gibt es leider noch immer keine öffentlichen Finanzierungsprogramme, die sich explizit auf die Zielgruppe Social Business fokussieren. Hier ist Crowdfunding für viele eine der wenigen Finanzierungsalternativen.
Ist Crowdfunding nur eine Mode, oder wird es bleiben?
Ich bin fest von reward-based Crowdfunding überzeugt und bin mir sicher, dass wir immer noch am Anfang einer großartigen Bewegung stehen. Mit dem Finanzierungsinstrument lösen wir die größte Herausforderung von Gründern: Gibt es überhaupt einen Markt für mein Vorhaben/Produkt? Ich war vorher in der Gründungsberatung tätig und habe hier Gründer immer wieder die gleichen Fehler machen sehen. Als ich das Potenzial von Crowdfunding entdeckt habe, musste ich meinen Job kündigen, um das Thema weiter voranzubringen. Erstmalig steht bei der Finanzierung eines Vorhabens nicht die finanzielle Rendite für den Geldgeber im Vordergrund, sondern der Nutzen eines Produktes. Es entscheidet nicht mehr ein Gatekeeper außerhalb der Zielgruppe über die Finanzierung, sondern die Zielgruppe selbst. Langfristig ist genau das der Erfolgsfaktor eines jeden Unternehmens: der Umsatz durch Kunden. Die gleichen Herausforderungen gelten auch im B2B-Kontext und für Innovationen klassischer Unternehmen. Hier wird es voraussichtlich noch ein bisschen dauern, bis die Entscheidungsträger aus dieser Zielgruppe im #neuland angekommen sind.
Wie steht Deutschland hier im internationalen Vergleich?
In anderen Ländern ist das Thema schon viel weiter als bei uns. Innerhalb Europas sind wir bezogen auf Wirtschaftsleistung und die Einwohnerzahl eher Entwicklungsland. Wenn man in die USA schaut, sind inzwischen allein durch die größte US-Plattform seit der Gründung 2009 mehr als 300.000 Arbeitsplätze in 8.000 Unternehmen entstanden.
Was müsste also passieren?
Die größte Herausforderung in der weiteren Entwicklung von Crowdfunding ist meiner Meinung nach, dass unsere Politik die analoge Ideenfinanzierung staatlich bezuschusst und sich Crowdfunding in diesem unfairen Wettbewerbsumfeld entwickeln muss. Eigentlich hatte die Bundesregierung bereits im Koalitionsvertrag eine Verzahnung von Crowdfunding und öffentlichen Förderinstrumenten angekündigt. Gesehen habe ich hier bislang noch nichts. Erster Vorreiter für eine Verzahnung der Stärken von Crowdfunding mit denen klassischer Gründerfinanzierung ist übrigens seit April 2017 die L-Bank als Förderbank für Baden-Württemberg mit der MikroCrowd, Ich hoffe, es folgen bald weitere Akteure mit größeren Kofinanzierungen.