„Wir haben nun Erkenntnisse, mit denen man auf den Markt zugehen kann“

Um sein neues Vermarktungskonzept auf die Anforderungen der Zukunft auszurichten, ging der DFB mit dem Zukunftsinstitut in die Tiefenanalyse von Lebensstilen und Megatrends. Ein aufschlussreicher Prozess, wie Holger Merk, Senior Head of Strategic Marketing des DFB, im Interview berichtet.

Im Jahr 2022 beginnt beim Deutschen Fußball-Bund ein neuer Vermarktungszyklus. Bestehende Partnerverträge sollen verlängert bzw. neue Partner gefunden werden. Als Basis für seine Vermarktungsaktivitäten hat der DFB ein neues Trend-Framework für werthaltige Sponsorenleistungen kreiert – und für diesen Prozess mit dem Zukunftsinstitut kooperiert. Herr Merk, wie sind Sie auf das ZI gekommen?

Holger Merk: Nachdem wir uns bereits eingehend mit der Positionierung des DFB beschäftigt hatten, wollten wir in unseren Analysen auch Erkenntnisse zu Lebensstilen und Megatrends mitberücksichtigen. Wir sind also mit den Ergebnissen unserer eigenen „Identitätsrecherche“ an das ZI herangetreten, um unser Bild zu vervollständigen und den DFB in einem größeren Rahmen zu betrachten.

Was hat Sie dazu bewogen, den Prozess gerade jetzt so ganzheitlich anzugehen?

Merk
: Wir leben in einer Zeit, die von einer Zunahme disruptiver Ereignisse geprägt ist. Flexibilität ist gefragt und mit ihr ein ganzheitlicher Blick auf den DFB. Uns war es wichtig, uns darüber bewusst zu werden, wo wir stehen. Und wo nicht. Dazu war eine systematische Auseinandersetzung mit dem DFB und den ihn umgebenden Trends notwendig.

Der DFB sieht sich als gesellschaftlicher Player und hat als solcher Einfluss und Verantwortung, die über sportliche Unterhaltung hinausgehen. Welche Werte haben sich als besonders wichtig für den DFB herausgestellt?

Success Story DFB

Mit Lebensstilen zum perfekten Match

Mithilfe der Lebensstile und Megatrends des Zukunftsinstituts bringt der DFB seine Marken, Fans und Partner über gemeinsame Werte zusammen.

Merk: Verantwortung, Vielfalt, Spielfreude und Leistung – das sind für uns die zentralen Werte des DFB. Für die Überprüfung dieser Wertewahrnehmung war ein Blick von außen auf unsere eigenen Recherchen wichtig. Wenn ich weiß, wer ich bin, kann ich mit dem Marketing „Wir wissen jetzt noch genauer, mit welchen Themen wir welche Zielgruppen am besten erreichen.“ starten. Für eine klare Positionierung muss ich aber immer auch die Frage stellen: „Wer bin ich nicht?“

Auf Grundlage Ihrer bereits ausgearbeiteten Auseinandersetzung mit der Identität des DFB sollte nun ein neues Konzept erstellt werden. Was war für diesen Prozess besonders wichtig?

Merk: Für uns war vor allem interessant zu sehen, wie sich die Vielfalt unserer Stakeholder im Lebensstile-Mapping widerspiegelte. Da finden sich teilweise gegenüberliegenden Pole: Bei der Herren-Nationalmannschaften gibt es einerseits eine sehr stark traditionell ausgerichtete Fangemeinde. Auf der anderen Seite stehen Fans, denen der Entertainment-Faktor besonders wichtig ist. Menschen verbinden ja sehr unterschiedliche Dinge mit Fußball: Zum einen wird Geborgenheit und Sicherheit vermittelt, man fühlt sich zugehörig zu einem traditionsreichen Sport. Die jüngere Zielgruppe hat hingegen weniger Traditionsbezug und sucht hauptsächlich Entertainment. Für unser Trend-Framework sind selbstverständlich beide Zielgruppen wichtig. Das stellt uns vor die Herausforderung, eine für beide Seiten ansprechende Strategie zu erarbeiten.

Ist diese Gruppe, die mehr auf Entertainment setzt, neu hinzugekommen oder wird sie nur jetzt stärker sichtbar – auch durch die Analyse?

Merk: Wahrscheinlich gab es sie schon immer, aber sie ist nun klarer sichtbar. Fußball hat es immer geschafft, Menschen mit unterschiedlichen gesellschaftlichen Hintergründen und verschiedensten Interessen zu begeistern. Durch die Analyse haben wir nun aber einen klareren Blick. Es zeigt sich auch hier, dass Fußball in der Gesellschaft eine große Rolle spielt. Wir schaffen Mehrwert. Auf dem Platz, aber auch neben dem Platz.

Unterscheiden sich die Zielgruppen bei Frauen- und Männer-Nationalmannschaft?

Merk: Die Spaltung in Entertainment-Suchende und Traditionalisten ist tendenziell bei beiden sichtbar. Für die Frauen-Nationalmannschaft, bei der es uns immer auch um eine Stärkung der Sichtbarkeit und öffentlichen Wahrnehmung geht, sind die Werte Leistung und Verantwortung sehr wichtig. Gender Shift spielt hier auch eine wichtige Rolle, der Wandel der Geschlechterrollen. In diesem Kontext machen die Nationalspielerinnnen ihren gesellschaftlichen Einfluss neben dem Platz geltend, aber natürlich stehen auch sie zuallererst für Leistung und wollen gewinnen!

Ein Ziel des neuen Vermarktungskonzepts ist eine noch stärkere Verknüpfung des DFB mit seiner Community, den Fans und Sponsoren. „Wir haben klare Antworten auf die Frage gefunden, welche Trends und Lebensstile, und – darauf aufbauend – welche bestehenden und potenziellen Sponsoren zu unseren Marken passen.“ Dazu musste man zuerst einmal noch mehr über diese Gruppen erfahren. Mithilfe welcher Strategie ist dies gelungen?

Merk: Wir haben uns den Zielgruppen und ihrer Customer Journey anhand von Persona genähert und sind so auf die Trends gestoßen, die die Menschen beschäftigen. Wir haben versucht, die Lücke zu schließen zwischen Wunsch und Angebot. Wir haben uns gefragt: Welchen Link können wir als DFB herstellen? Und wo kann es tatsächliche Interaktion geben?

Wie haben Sie den „Missing Link“ gefunden?

Merk: Einer der großen Bausteine der Analyse war das bereits erwähnte Lebensstile-Mapping. Dabei wurden die DFB-Markenhäuser mit 18 Lebensstilen des ZI verknüpft. Leitfrage war: Welche Lebensstile beschreiben die Zielgruppe am besten? Die Verknüpfung von Megatrends und Werten im Lebensstile-Mapping hat relevante Trendentwicklungen aufgezeigt. Es geht in der Folge darum, die Community und die relevanten Branchen und Unternehmen zusammenzubringen. Angebote sichtbar zu machen, die beispielsweise mit den Megatrends Gesundheit oder Sicherheit oder Individualisierung und Hedonismus zusammenpassen.

Sie erwähnten, dass die verschiedenen Markenhäuser des DFB unterschiedliches Publikum ansprechen. Deren Lebensstile sind teilweise sogar widersprüchlich. Welche konkreten Ergebnisse gab es im Lebensstile-Mapping in diesem Zusammenhang?

Merk: Eine solche Visualisierung der Megatrends und Werte in Verbindung mit unseren Zielgruppen hatten wir bislang noch nicht durchgeführt. Durch die Verknüpfung mit den DFB-Markenhäusern konnten wir relevante Erkenntnisse darüber gewinnen, wie unsere Vermarktung funktioniert und wie sie zukünftig funktionieren kann. Wir wissen jetzt noch genauer, mit welchen Themen wir welche Zielgruppen am besten erreichen.

Welche Megatrends sind für die Identität des DFB vorrangig?

Merk: Die vom DFB priorisierten Megatrends sind Sicherheit, Individualisierung, Gesundheit, Konnektivität, Gender Shift, New Work und Wissenskultur. Mit diesen Ergebnissen können wir potenzielle Sponsoren und Unternehmen gezielt nach Branchen ermitteln, die mit diesen Trends konform gehen.

Welche Erkenntnisse lieferte die Lebensstil-Analyse bezüglich der jeweiligen Publikumsgruppen?

Merk: Wenn man das Beispiel Megatrend Gesundheit bzw. Ernährung betrachtet: Diese Themen waren beim DFB als Sportverband von vornherein präsent. Sie stehen seit jeher in der Satzung. Entscheidend ist aber die Art und Weise, in der wir über diese Themen sprechen und welche Aspekte dieser Trends wir in den Fokus rücken. Betrachtet man nun, welche Lebensstile sich mit dem Megatrend Gesundheit beschäftigen, wird das Thema besser greifbar und gegenüber den einzelnen Zielgruppen besser adressierbar.

Wie ist die Integration relevanter Megatrends, Branchen und Unternehmen in das neue Trend-Framework gelungen?

Merk: Der Markt hat bzw. unsere Partner haben Interesse an inhaltlichen Partnerschaften, nicht mehr nur an reiner Sichtbarkeit, etwa durch traditionelle Bandenwerbung. Deswegen wollten wir die Anknüpfungspunkte zu den Inhalten der Partner präzise herausarbeiten. Wofür steht die Marke? Für welche Werte können wir uns gemeinsam stark machen? So kommen wir in einen inhaltlichen Dialog mit bestehenden und potenziellen Sponsoren und Kooperationspartnern.

Für die Selektion „Die detaillierte Ausarbeitung [...] gibt eine rationale Grundlage für die Strategieentwicklung im Marketing.“ potenzieller Sponsoren wurde eine quantitative Outside-in-Analyse durchgeführt. Für die verschiedenen DFB-Produktwelten wurden Megatrends analysiert und mittels Social Listening auf ihre Online-Sichtbarkeit hin überprüft. Wenn Sie auf den Prozess zurückblicken: Was waren die relevantesten Ergebnisse?

Merk: Wir haben klare Antworten auf die Frage gefunden, welche Trends und Lebensstile, und – darauf aufbauend – welche bestehenden und potenziellen Sponsoren zu unseren Marken passen. Die detaillierte Ausarbeitung, in der alle Aspekte visualisiert, kontextualisiert, strukturiert und nach Zielgruppen analysiert sind, gibt eine rationale Grundlage für die Strategieentwicklung im Marketing, die über ein intuitives, begleitendes Bauchgefühl hinausgeht. Der Gesamtprozess mit Lebensstile-Mapping, Trend Research, Outside-in-Analyse und Branchen-Insights brachte als finales Ergebnis eine Auswahl an Partnern, auf die der DFB mit einer klaren inhaltlichen Ausrichtung zugehen kann.

Wie haben Sie insgesamt die Fortschritte im Prozess erlebt? Wie schnell ging es voran?

Merk: Aus DFB-Sicht sehr schnell! Auch weil das ZI durch unsere Vorarbeit gut eingestimmt war auf den Prozess. Das war für den gesamten Projektverlauf sehr zuträglich. Aktuell stehen wir vor der Herausforderung, die Komplexität der Ergebnisse in eine handhabbare Größe zu bringen. Wir haben nun Erkenntnisse, mit denen man auf den Markt zugehen und auf inhaltlicher Ebene mit den Partnern Kooperationen abschließen kann. Jetzt steht der Proof of Concept bevor!


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