Klarheit und Fokus: Gore und seine Erfahrungen mit den Megatrends

Foto: W.L. Gore & Associates

Ein internationales Erfolgsunternehmen wie W.L. Gore & Associates (Gore) lebt von der Fähigkeit, den Horizont zu weiten und zu erkennen, was sich erst abzuzeichnen beginnt. Leonhard Schlichting, Leiter der globalen Business Unit Workwear innerhalb der Fabrics Division hat gemeinsam mit diversen globalen Gore Teams und dem Zukunftsinstitut Consulting die Ausrichtung im Bereich Arbeitsschutz überprüft. Wichtiger Punkt dabei war, sich die gesellschaftlichen Entwicklungen vor Augen zu führen und mit den Gestaltungsmöglichkeiten abzugleichen. Dies gelang in Kooperation mit dem Blick von außen. Mittel der Wahl dazu war die Trend Canvas des Zukunftsinstituts, um die individuell relevantesten Trends herauszukristallisieren.

In die Zukunft blicken und Trends erkennen gehört zu den Aufgaben eines erfolgreichen globalen Unternehmens. Sie haben sich mit dem Zukunftsinstitut zusammengetan, um das generelle Konzept von Gore Workwear zu überprüfen und anzupassen. Was hat aus Ihrer Sicht für das Zukunftsinstitut gesprochen?

Leonhard Schlichting: Ausgangspunkt bei der Anfrage war, mit dem Workwear Team gemeinsam die mittel- und langfristige Strategie für unseren Bereich festzulegen. Ich hatte vor 10 Jahren bereits einen ersten Einblick in die Arbeit zu den Megatrends des Zukunftsinstituts bekommen. Mir gefiel damals, dass die Trends des Zukunftsinstituts sehr „nüchtern“ sind. Manche Beratungsinstitute versuchen eher mit Marketingbegriffen zu operieren, und das macht es manchmal schwierig, diesen Trends zu folgen. Die Trends des Zukunftsinstituts hingegen sind sehr klar und datenbasiert, da ist wenig Eigeninterpretation drin. Sie beruhen auf habhaften Fakten und Befragungen. Das war entscheidend, um die mittel- und langfristige Zukunftsvision zusammen mit dem Team auszuarbeiten.

Die Überlegungen „Wie macht man Zukunft?“ und „Wer macht sie?“ standen „Es ist ja nicht so, dass man händeringend nach Themen für die Zukunft sucht, eher ist die Herausforderung, sich zu fokussieren.“ am Beginn des Prozesses. Wie würden Sie die  Herangehensweise des Zukunftsinstituts beschreiben?

Schlichting: Zusätzlich zur Arbeit mit Megatrends wurden beim Trend Canvas jene 4 Trends herausgearbeitet, mit denen wir uns vorrangig beschäftigen wollen. Wichtig war vor allem das vom Zukunftsinstitut bereitete Setting, mit dem es gelungen ist, Inspiration und Struktur in die Planung einzubringen.

Zentral war das Herausfiltern der „robusten Megatrends“, die auch oder gerade in der Krise richtungsweisend sind. Wie konkret waren die Ergebnisse der Trend Canvas? Wie schätzen Sie die Präzision der analysierten Trends ein?

Schlichting: Es ist ja nicht so, dass man händeringend nach Themen für die Zukunft sucht, eher ist die Herausforderung, sich zu fokussieren. Daher muss man sich als innovativer Technologiekonzern entscheiden, auf was man setzen will. Als entscheidend für uns haben wir 4 Megatrends herausgefiltert: Sicherheit, Neo-Ökologie/Sustainability, New Work und Globalisierung. Durch Covid-19 sind einige dieser Trends noch mehr ins Zentrum gerückt. Gesundheit und Sicherheit sind besonders wichtig. Ökologische Themen spielen bei uns in der Textilentwicklung schon lange eine große Rolle und wir sind immer interessiert die neuesten Forschungsergebnisse zu integrieren.

Waren die Ergebnisse für Sie überraschend oder hatten Sie bereits genaue Vorstellungen davon?

Schlichting:
Nein, sie waren nicht überraschend, aber das war auch nicht die Intention. Manche erwarten, bei einem Projekt über die Zukunft wesentliche neue Erkenntnisse zu finden und Dinge zu entdecken, die man vorher nicht gesehen hat. Für uns war eher die Bestätigung wichtig. Das wertvolle Ergebnis der Kooperation ist, dass wir größere Klarheit haben über Entwicklungen, die wir davor schon gesehen haben. Außerdem hat der Prozess uns dabei geholfen, eine klare Fokussierung auf diese Themen herbeizuführen.

Welche Fragestellung hat sich daraus für Gore ergeben? Wie konnten Sie das breite und offene Zukunftsszenario, das sich aus den Megatrends und den Werten Ihres Unternehmens ergibt, auf eine praktische Ebene herunterbrechen?

Schlichting: Ein Beispiel: Neo-Ökologie oder Nachhaltigkeit ist ein anhaltender Trend in der Textilindustrie und für uns äußerst relevant – etwa bei Chemikalien für wasserabweisende Ausrüstung. Wir befassen uns mit dem Thema Nachhaltigkeit auf divisionaler Ebene bereits seit über 30 Jahren und und haben zahlreiche Zertifizierungen und Umweltstandards implementiert. Im Zuge des Projekts wurde noch einmal neu diskutiert, in welche Richtungen es gehen kann. Auch beim Thema Arbeitsschutzbereich sieht man, dass dieser aktuell noch wichtiger wird und Firmen darauf ihren Fokus legen. Die Diskussionen rund um diese Trends waren für uns Bestätigung, dass wir auf dem richtigen Weg sind.

Welche Tools des Zukunftsinstituts waren für die Ergebnisse besonders relevant?
 
Schlichting: Die Brainstormings waren sehr inspirierend und das Zukunftsinstitut hat dem gesamten Prozess eine klare Struktur verliehen. Die Arbeit mit dem Trend Canvas bietet praktische Hilfe bei der Priorisierung von Trends. Das ist wesentlich, denn man muss sich auf die relevantesten Themen konzentrieren und die Energie dort hineinpacken. Es ist unmöglich, auf alle bestehenden Trends zu reagieren. Im Prinzip war das Haupt-Achievement, mit uns an der Priorisierung zu arbeiten. Als innovatives Technologieunternehmen sind wir ohnehin auf Zukunft getrimmt und es besteht kein Mangel, sondern eher ein Überschuss an Themen. Insofern war es wichtig, sich auf bestimmte Trends zu konzentrieren, um größtmöglichen Handlungsspielraum aufrechtzuerhalten.

Normalerweise werden Beratungsprozesse mit dem Zukunftsinstitut in Präsenzveranstaltungen abgewickelt. Man begegnet einander persönlich. Krisenbedingt wurde nun der gesamte Ablauf digital durchgeführt. Wie haben Sie die Umsetzung empfunden?

Schlichting: Ich habe keinen direkten Vergleich mit Präsenzveranstaltungen des Zukunftsinstituts. Die gesamte Abwicklung online hat perfekt funktioniert! Ursprünglich war die Kooperation als Teil unseres großen Gore-Meetings in Edinburgh geplant, doch durch Covid mussten alle umdisponieren.

Die Auswirkungen der Pandemie waren ursprünglich gar nicht Teil der Überlegungen, wurden dann aber mit in die Diskussionen eingebracht.

Schlichting: Die Arbeit mit dem Zukunftsinstitut war schon länger geplant, aber der Kick-off fiel direkt in den ersten Lockdown. Unsere Intention war es ursprünglich, rein die Megatrends zu beleuchten, aber selbstverständlich konnte man die momentane Situation nicht außer Acht lassen und daher haben wir auch über die Folgen von Covid-19 diskutiert. Deren Auswirkungen haben das Ergebnis unserer Workshops nicht verändert, hatten aber zum Beispiel beim Thema Sicherheit und Gesundheit Einfluss.

Wie hat die rein virtuelle Abwicklung des Prozesses funktioniert?

Schlichting: Ein Vorteil der Online-Meetings ist zum Beispiel, dass man mehrere Sequenzen plant und nicht alles in eine große Veranstaltung hineinpackt. Durch die kürzeren Online-Sessions gelingt es, die Inhalte zwischen den Meetings wirken zu lassen. So werden die folgenden Treffen effizienter. Die digitale Abwicklung hat, trotz des Wegfalls von persönlichen Begegnungen, also auch klare Pluspunkte. Zudem ist die Teilnahme für internationale Teams in den USA, Korea, Japan, Australien und europäischen Ländern online wesentlich einfacher.

Rückblickend auf den Prozess: Was waren die für Sie relevantesten Ergebnisse?

Schlichting: Die Einarbeitung und Beobachtung der herausgefilterten Megatrends in ein Zukunftsszenario über die kommenden 5 Jahre.

Wie geht es jetzt weiter?

Möglich, dass man wieder einmal eine Auffrischung macht und evaluiert. Aber jetzt sind zuerst wir dran, die praktische Umsetzung voranzubringen.

Zur Person

Leonhard Schlichting leitet die globale Business Unit Workwear bei W. L. Gore & Associates. Bevor er in die Leitung der Business-Unit-Geschäftseinheit berufen wurde, arbeitete Schlichting in verschiedenen Funktionen, darunter im New Business Development, strategischen Marketing und als Produktspezialist. Als Teil eines Global Business Teams verbrachte er die meiste Zeit mit Projekten in den Bereichen Innovation, Geschäftsstrategie und Mitarbeiterführung, um die langfristigen Wachstumspläne der Fabrics Division zu unterstützen.


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