Wie mediale Wahrnehmungen unsere Identität prägen – und wie ein „konstruktiver Journalismus“ das jetzt zu ändern beginnt.
Von Matthias Horx (04/2017)
Wie mediale Wahrnehmungen unsere Identität prägen – und wie ein „konstruktiver Journalismus“ das jetzt zu ändern beginnt.
Von Matthias Horx (04/2017)
Kennen Sie dieses Gefühl der Media Fatigue, der Ermüdung durch das unendliche mediale Trommelfeuer? Irgendwann kann man das alles nicht mehr hören und sehen. Die täglichen Bad News aus der Tagesschau. Die flimmernden Web-News-Seiten mit den schrecklichen oder einfach nur geil-sensationellen Botschaften. Den ewigen kranken Hass- und Nörgelsturm im Internet. Das unentwegte „Trump wird die Welt zerstören“. Oder „Wenn-Trump-die Welt-nicht-zerstört, wird-Global-Warming-die-Welt-in eine-Hölle-verwandeln“.
Rentenkatastrophe. Verarmung. Artensterben. Hasskultur. Flüchtlingskrise. Überalterung, Polarisierung …
Irgendwann hat man das Gefühl, es steht seit hundert Jahren immer dasselbe im „Spiegel“ (die Demokratie ist gefährdet, alle sind korrupt, die Zukunft sieht schrecklich aus). Alles wiederholt sich in einer endlosen Flut von Schlechtigkeit. Aber ist das überhaupt real?
Irgendwann schafft man es tatsächlich, einige Tage keine News auf den Schirm zu holen, nicht die tägliche Will-Maischberger-Plasberg-Horrorshow zu schauen, null Hasskommentare mehr zu lesen (mit dieser seltsamen Mischung aus Ekel und Faszination). Man schläft plötzlich besser. Und wundert sich: Die Welt steht ja immer noch!
An diesem Punkt versteht man, dass das „postfaktische Zeitalter“ schon sehr lange existiert. In uns allen. Dass wir alle, auf die eine oder andere Weise, in einem fiktiven Universum leben. Einem Universum, das aus Konzepten, Ideologien, Vermutungen, Befürchtungen, negativen Narrativen besteht. Dass wir an eine Zukunft glauben, die sich in vielen Jahren aus unseren inneren Gefühlen, unseren Befürchtungen und den medialen Spiegelungen geformt hat. Vielleicht wissen wir eigentlich sehr wenig über die Welt. Und ihren Wandel.
Die Welt ist schlecht, und sie wird immer schlechter. Wer wollte das ernsthaft bezweifeln? Die Gewissheit fängt bei den alltäglichen Klagen an: Taxifahrer werden immer unhöflicher. Die Mieten steigen unaufhörlich. Der Stress wird immer mehr. Kriminalität wächst, man ist nirgendwo mehr sicher. Der Egoismus wächst jeden Tag. Wie Ungleichheit. Wir leben in einer unsolidarischen Ellenbogengesellschaft. Armut, Kriege, Unsicherheit – all das wird immer mehr.
Unsere alltägliche Kommunikation besteht inzwischen aus einem großen Anteil an negativer Fremdbestätigung. Mit dem alltäglichen Nicken zum allgemeinen Niedergang bestätigen wir unsere Zugehörigkeit zum Kollektiv der Besorgten, der Kritischen, der „Betroffenen“. War es früher die stolze Differenzierung in Klasse und Bildungsschicht, ist es heute der Sound des gemeinsamen Beklagens von Defiziten, Missständen, Verschlechterungen, bis hin zu unvermeidlich nahenden Katastrophen, der uns die Bestätigung unserer Existenz verschafft: Ich fürchte, also bin ich.
Nennen wir diese neue Form chronifizierter Klage „Awfulizing“, nach dem englischen Wort awful (schrecklich, schlimm, entsetzlich, fürchterlich). Während nach dem Stoßgebet des Jammerns die Welt innerlich wieder zurechtgerückt ist – man kann mit frischem Tatendrang den nächsten Lebensversuch wagen – bleibt der Awfulizer stets im Zustand einer deprimierten Selbstbeschreibung. Er ist bereit, alles, was ihm widerfährt, in ein höheres Prinzip einzuordnen – einen negativen Erfahrungsrahmen. Auf dem Wege der „confirmation bias“ sucht er unentwegt Beweise für seine Weltanschauung des „Immer Schlimmer“.
Awfulizing zeichnet sich dadurch aus, dass die Welt ständig auf neue und durchaus einfallsreiche Weise negativ codiert wird. Zusammenhänge zwischen den einzelnen negativen Phänomenen werden dabei immer filigraner geknüpft. Die Welt ist in einem Niedergangs-Zusammenhang, den der Awfulizer irgendwann komplett durchschaut. Es ist der Kapitalismus, der Neoliberalismus, die rot-grüne Verseuchung oder einfach die Unfähigkeit des Menschen, die den Untergang zwangsläufig werden lässt. Das Ende vom Lied ist die Weltverschwörung, in der dann alles wieder seinen Sinn hat.
Awfulizing ist ein Mittel der Lebensbewältigung, allerdings mit erheblichen Nebenwirkungen. Viele Menschen sind regelrecht süchtig nach negativen Nachrichten, weil sie ihnen auf der Ebene des „Besserwissens“ Recht geben. Natürlich wollen wir mit der Voraussicht des Negativen den Schmerz lindern, der eintritt, wenn das Schlimme kommt. Aber das kann nicht gelingen. Denn die Antizipation schafft immer neue Tatsachen – auf dem Wege der sich selbst erfüllenden Prophezeihung.
Besonders in der Partnerschaft kann man das täglich beobachten. Paare, die sich in der Spirale des Awfulizing befinden, drehen sich immer im Kreis der vorauseilenden Kritik am anderen. Daraus entsteht Verachtung, das schlimmste Gift für die Liebe. Wer den Partner immer unter dem Siegel seiner Defizite sieht, im Licht seiner Mängel und Fehler, programmiert das Versagen. Er wird sich nicht mehr bemühen. Er wird fordern, aber nicht geben. Schon im Moment der Forderung ist er dabei, die Vergeblichkeit zu konstatieren. Hinter seiner Kritik am Egoismus des anderen versteckt sich ein riesengroßer eigener Narzissmus, der die Liebe mit Erwartung verwechselt. Warum hast Du nicht? Wie kannst Du nur? Wenn Du damals nicht, dann wird auch morgen ... Partnerschafts-Awfulizing verwandelt Liebe in die Hölle einer gegenseitigen narzisstischen Verklammerung.
Eine ähnliche Wirkung hat das Awfulizing im Weltverhältnis generell. Es bildet die Basis für den bösartigen Populismus, der seine Annahmen ja immer auf eine Diagnose der allgemeinen Verkommenheit und Unrettbarkeit fußt. Der Populist jeder couleur tritt mit dem Versprechen an, eine unhaltbar gewordene Welt retten zu müssen. Weil die Verhältnisse so schrecklich, verderbt, verkommen, eben awful sind, ist jedes Mittel recht. Populismus braucht den Ausnahmestatus, dessen Vorstufen in jenem epidemischen Pessimismus bestehen, mit dem wir die Vielfalt der Welt in ein einziges Versagen verwandeln.
Wie aber entsteht und funktioniert Awfulizing?
Awfulizing ist nichts anderes als ein generelles Negativ-Framing der Weltverhältnisse. In ihnen wird das, was der Soziologe Hartmut Rosa als unser grundlegendes Resonanz-Weltverhältnis beschreibt (Siehe sein Buch „Resonanz. Eine Soziologie der Weltbeziehung“), in eine Entfremdung verwandelt. Mitten im Wohlstand, in einer – verglichen mit allen anderen Zeiten – relativ sicheren Welt, fühlen wir uns unsicher und bedroht. Ständige Bedrohungsgefühle sind jedoch auf Dauer für die menschliche Psyche nicht erträglich. Früher oder später werden sie in aggressivere Muster umgeformt. Aus andauernder, latenter Unsicherheit entsteht dann Empörung, Wut, Hass und schließlich die Verachtung gegenüber denjenigen, die wir als vermeintliche Verursacher unserer mentalen Misere ausmachen.
Am 7. Februar 2017 starb Hans Rosling, der wunderbare Guru des „Faktivismus“. Hans war ein Statistiker der besonderen Art. Er glaubte an die aufklärerische Kraft der Zahlen, war aber auch ein unglaublich emotionaler Mensch, ein Empathiker vor dem Herrn. In seinen Daten über die Entwicklungen der globalen Welt offenbarte er uns eine ganz andere Welt – die des graduellen, mühsamen, aber kontinuierlichen Fortschritts der ganzen Menschheit. Er zeichnete eine Welt, die trotz aller Krisen und Probleme auf dem richtigen Weg ist – und in der wir etwas tun können, damit es weitergeht.
Alle großen Parameter der humanen Zivilisation, so zeigte der witzige, ständig überdrehte globale Zahlenprofessor, der auf der Bühne auch mal mit einer Waschmaschine auftrat oder ein Schwert verschluckte, verlaufen prinzipiell in einer positiven Richtung. Die globale Bildungsrate steigt, die Säuglingssterblichkeit sinkt, die Geburtenraten sind auch in Afrika im Fallen. Die Armut hat sich dramatisch reduziert, eine gigantische Mittelklasse ist global entstanden. Die Welt ist heute friedlicher und wohlständiger als zu jedem anderen Zeitpunkt der Geschichte. Wie er das zeigte, war immer konkret, aus der realen Situation der Menschen erzählt. Wie viele Frauen können sich heute eine Waschmaschine leisten, anstatt mit Feuerholz Wasser zu erhitzen und mit der Hand zu waschen – und was bedeutet das für die Bildung? Rosling widerlegte mit seinen statistischen Bühnenauftritten gleich reihenweise die Grund-Mythen des Awfulizings – von der Bevölkerungsexplosion bis zur Unsicherheits-Propaganda, von der Angst vor der Invasion durch Arme bis zum Gerücht der ständig wachsenden Kriegsgewalt.
Doch im großen medialen Raum hat Hans Roslings Wirken zu seinen Lebzeiten kaum ein Echo hinterlassen. Sein legendärer „Global Ignorance Test“, mit dem man sein eigenes Weltwissen messen kann, wurde sogar vom „Spiegel“ veröffentlicht, aber bald wieder diskret vergessen. Hans Rosling galt, obwohl sein Wirken hohen Respekt auf den wichtigsten Konferenzen der Welt fand, als Freak, als Außenseiter. Das zeigt wieder, wie wenig unsere Weltwahrnehmung von Wahrheiten geprägt ist. Sondern den gefühlten Weltlagen, den Erregungen folgt.
Die erste Ursache der Negativität ist schlichtweg die mediale Selektion, die in der Explosion des medialen Kosmos entstanden ist. Alle Medien, vom simplen Lokalblatt bis zur hochprofessionellen News-Website, kämpfen um die rare Ressource der Aufmerksamkeit. Sensationismus, Alarmismus, Übertreibung, Profanisierung – damit verkauft man Blicke und Klicks am besten. Kein Redakteur kann es sich im großen Hauen und Stechen des Medialen mehr leisten, eine Überschrift nicht zuzuspitzen, eine Skandal-Vermutung nicht zu formulieren, eine dräuende Vermutung der nächsten kommenden Superkrise auszulassen.
In Antonio Campos’ Film „Christine“ von 2016 erlebt eine junge Lokal-Journalistin bereits in den 1970er-Jahren, was die Parole heißt: „When it bleeds, it leads.“ Die junge Redakteurin versucht, Geschichten aus der Welt der Menschen anders zu erzählen, nicht vom Unfall und Verbrechens-Effekt, sondern aus dem ganzen Leben. Sie wird gebremst, gemobbt, belächelt – und erschießt sich schließlich vor laufender Kamera. Ein authentischer Fall, der heute, im Zeitalter eines rasend gewordenen Sensationsjournalismus, wie eine ferne Nostalgie wirkt.
Albert Schweizer formulierte schon in den 1960er-Jahren: „Die Betonung des negativen Ereignisses ist viel zu stark. Nicht selten werden die Nachrichten, die einen wirklichen Fortschritt bedeuten, übersehen und bagatellisiert. Es besteht die Gefahr, dass die Menschen den Glauben an den Fortschritt verlieren.“ Schweizer lebte und wirkte in einem Afrika, das tatsächlich noch bitter arm und elend war, wo eher Almosen und Mitleid etwas zu bewirken schienen. Das heutige Afrika ist in unserem Kopf aber noch dasselbe geblieben, nur diesmal angereichert durch Gewalt und überfüllte Boote. Dass in Addis Abeba pünktliche Straßenbahnen fahren oder die Hauptstadt von Ruanda zu den saubersten der Welt gehört – das hat noch niemand gesehen.
Im rasenden Wettlauf um die Köpfe kann sich kein Medium dem Sog der Angst entziehen. Auch die öffentlich-rechtlichen Medien nicht, die in Deutschland (und einigen europäischen Ländern) immer noch den Auftrag eines pädagogischen Weltverständnisses haben. Vielleicht ist es kein Zufall, dass ausgerechnet Ulrich Haagerup, der Infochef des dänischen Rundfunks, zum Vorreiter eines anderen, eines konstruktiven Journalismus wurde. In einem Interview mit dem Standard formulierte er:
„’Constructive News’ ist ein Kampf gegen das seit Jahrzehnten praktisch von allen Medien gelebte Prinzip, dass nur Stories gut sind, die auf einem Konflikt aufbauen, einer dramatischen Situation, einem Opfer. Wir müssen unsere Filter bei der Wahrnehmung der Welt anders justieren. Unsere Nachrichten lassen die Menschen depressiv werden – oder sie wenden sich von den traditionellen Medien ab. Wir zeichnen eine Welt von Selbstmordattentätern, Kriminellen, politischem Streit, Problemen von Minderheiten und Interessengruppen, die vor den Übeln dieser oder jener Gesetzesinitiative warnen. Guter Journalismus bedeutet aber, die Welt mit beiden Augen zu sehen.“
Haagerup erfand neue Talkshow-Formate, in denen nicht nur frontal-ideologisch gegeneinander angeschrien wird, sondern in denen Mäßigung und Konsens das Ziel sind. Gesellschaftliche Probleme werden auf den Tisch gelegt und bedürfen einer Lösung. Punkt. Dieser etwas autoritäre, aber eben deshalb konstruktive Ansatz des Debattenjournalismus zeitigte erstaunliche Ergebnisse. Probleme wie der Antibiotika-Missbrauch in dänischen Ställen konnten so in einen Lösungsprozess geführt werden. Durch Kooperation von Bauernverbänden, Politik, Verbraucherverbänden und Pharmazie.
Die Medien als Mediatoren? Womöglich gar als Agenten einer besserer Zukunft? Man kann sich das kaum vorstellen. Aber das Medium ist eben nicht nur die Message. So, wie das Internet zum Shitstorm oder für die neue, befreite Arbeit eingesetzt werden kann, lässt sich auch das schreiende, zappelnde Bildmedium zurückholen in einen gesellschaftlichen Konsens der Konstruktivität. Genau darum geht es in den Medien der Zukunft: Konstruktivität kehrt zurück, in mehrfacher Hinsicht.
Nein, es geht nicht um Optimismus. Es geht um ein ganzheitliches und differenziertes Verstehen, Denken und Fühlen. Es geht um geistige Vitalität im Weltverhältnis. Das schließt den prinzipiellen Pessimismus des Awfulizing ebenso aus wie den blauäugigen Zukunftsoptimismus à la „Die Technik wird alles lösen“.
Aber gibt es dafür einen Markt? Und können wir das überhaupt? Sind wir in der Lage, die Welt als Ganzes wahrzunehmen? Guter Journalismus kann es. Und zwar gerade, weil er sich nicht als Verkünder von Wahrheiten, als Warner und Mahner oder Weltverbesserer begreift, sondern als Designer mentaler Erkenntnisprozesse.
1. Konstruktiver Journalismus arbeitet von der Frage her: Sein Ziel ist es, möglichst intelligente Fragen zu stellen, die eine Resonanz im Publikum hinterlassen. Gute Fragen sind Fragen, auf die einfache Antworten nicht passen, sich aber bessere Antworten finden lassen. Gute Fragen erzeugen einen Prozess der Erkenntnis, dessen Ende nicht fixiert werden kann. Zweifel und Irrtum gehören dazu.
2. Konstruktiver Journalismus ist kuratierender Journalismus: Er sucht die intelligentesten Aspekte der Wirklichkeitsbetrachtung zusammen – es geht darum, die Welt, die Dinge, die Phänomene, aus verschiedenen Blickwinkeln betrachten zu können.
3. Konstruktiver Journalismus arbeitet mit Augenmaß: Er fällt nicht sofort in die Alarmsirenen ein, wenn eine bestimmte Entwicklung als „schlimm“ gebrandmarkt wird. Jede Krise hat auch ihr Gutes. In Krisen drücken sich mangelnde Systemfunktionen aus; Ungleichgewichte, die sich selbst reparieren wollen. Viele Alarme sind Schein-Alarme. Einbrüche nehmen zu, wenn mehr Einbrüche, zum Beispiel durch mehr Kameras, gemeldet oder registriert werden.
4. Konstruktiver Journalismus weigert sich, das Publikum für dumm zu verkaufen: Es geht ihm darum, ein bestimmtes Thema in seiner ganze Tiefe und Komplexität darzustellen, Die Kunst besteht darin, Komplexität nicht kompliziert erscheinen zu lassen.
5. Konstruktiver Journalismus denkt in Zusammenhängen: Im Gegensatz zur linearen Denkweise denkt und argumentiert konstruktiver Journalismus systemisch. Wenn es keine Zinsen gibt, heißt das auch, dass sich vieles leichter finanzieren lässt. Wenn es weniger Wirtschaftswachstum gibt, muss das keine Katastrophe sein, es kann auch qualitatives Wachstum bedeuten.
6. Konstruktiver Journalismus ist zuversichtlich: Viele schreckliche Entwicklungen sind vorübergehend, lösbar und graduell. Nicht jeder Trend lässt sich geradeaus in die Zukunft schreiben, im „Immer mehr“ steckt oft ein Denkfehler. Konstruktiver Journalismus sucht nach den Gegentrends, den „Tipping Points“, an denen eine Entwicklung kippen kann – auch und gerade eine negative Entwicklung! Ohne die Vorstellung, dass eine bessere Zukunft möglich ist, kann kein Mensch, kann keine Gesellschaft leben.
7. Konstruktiver Journalismus fördert kooperatives Denken: Er hütet sich vor voreiligen Schuldzuweisungen an nur einen Akteur im gesellschaftlichen Spiel. Ob wir ein gutes Gesundheitssystem entwickeln können, hängt von der Kooperation vieler Gruppen ab. Natürlich ist es einfach, den Ärzten, Krankenhäusern, Politikern oder der Pharmalobby die Schuld zuzuschreiben. Aber die meisten Zukunfts-Aufgaben lassen sich nur durch höhere Grade von Vernetzung und Kooperation lösen. Eine gute Gesellschaft entsteht nicht, indem Politik alles richtig macht oder der Bürger alles selbst regelt oder die Wirtschaft „moralisch“ wird. Die Zukunft ist das Resultat von Trial and Error, von konstruktiver Beziehung.
8. Konstruktiver Journalismus denkt von der Lösung her: Wie wir in die Welt hinein fragen, so schallt die Antwort zurück. Konstruktiver Journalismus arbeitet mit der Zukunft , indem er vom Morgen aus argumentiert. Was wäre, wenn es zu diesem Ergebnis kommen würde? Welche Schritte müssten wir wagen? Wie kommen wir dahin?
Lara Setrakian, eine amerikanische Nahost-Korrespondentin, die an ihrem Job verzweifelte, formulierte in einem TED-Talk „3 Wege, wie wir die kaputte (News-)Industrie reparieren können“, drei Gesetze für einen neuen, „post-postfaktischen“ Journalismus:
Konstruktiver Journalismus ist nichts anderes als ein Diskurs über die Zukunft, der das Bewusstsein zurück in den Möglichkeitsraum bringt. Die Zukunft ist offen, und wir öffnen uns selbst für die Welterkundung. Wir lernen wieder, die Welt von neuen Perspektiven aus zu sehen, uns zu wundern und zu staunen. Nur in dieser Erwachsenheit können wir die Zukunft konstruieren.