5 Konsequenzen: Die Agenda für digitale Kompetenz

Ausgehend von fünf zentralen Thesen durchleuchtet die Studie “Hands-on Digital” die wichtigsten Bereiche unternehmerischen Handelns im Zeichen der Digitalisierung: Identität, Führung, Innovation, Kooperation, Technologie. Wir stellen die zentralen Konsequenzen vor – ein Auszug aus der Trendstudie „Hands-on Digital“.

Von Christian Schuldt

IDENTITÄT

1. Amazon ist nicht alles: Digitalisierung braucht die Orien­tierung an der ­eigenen Identität.

Je komplexer und unübersichtlicher sich die digitale Welt gestaltet, desto wichtiger ist es für Unternehmen, eine klare Antwort zu entwickeln auf die Frage: Was können, was wollen wir wirklich? Welche langfristige Strategie verfolgen wir? Dabei gilt es zunächst, die eigene Identität, die eigene Vision herauszufinden und zu schärfen und den unternehmensspezifischen “Future Code” zu erkennen. Erst dann sind Unternehmen keine Opfer, sondern Schöpfer und Gestalter des Digitalen.

Jedes Unternehmen hat seine eigenen Stärken und Herausforderungen. Diese zu verstehen und fokussiert anzugehen, wird künftig eine Schlüsselfähigkeit für Erfolg in der digitalen Ökonomie sein. Denn digitale Orientierung besteht nicht in der Nachahmung fremder Vorbilder, sondern in der Besinnung auf die ureigenen Potenziale. Erst dann kann auch der Schritt nach außen gelingen: der Aufbau nachhaltiger Beziehungen mit Kunden und Partnern und die Gestaltung bereichernder User Experiences.

FÜHRUNG

2. Beziehungen statt Bytes: Digitale Transformation ist eine Frage der Führung, nicht der Techno­logie.

Die Digitalisierung eines Unternehmens steht und fällt mit seiner Unternehmenskultur. Eine digitale Kultur kann aber nur gedeihen, wenn sie auch überzeugend vorgelebt wird. Nicht die Implementierung digitaler Technologien, sondern ein neues Verständnis von Führung steht deshalb im Kern der digitalen Transformation.

Gerade in deutschen Unternehmen herrschen hierbei eklatante Defizite. Allzu oft besteht zwischen dem, was gesagt wird, und dem, was passiert, eine große Diskrepanz. Führungskräfte proklamieren digitale Kulturen oder Strategien, ohne sie wirklich zu praktizieren – und frustrieren damit ausgerechnet jene Mitarbeiter, die wirklich digitalaffin und -kompetent sind. Deshalb braucht Digitalisierung auch einen Wandel der Führungskultur. Es gilt, Veränderung zu erlauben und zu gestalten, digitalaffine Mitarbeiter zu bestärken und ihnen Erfolgserlebnisse zu ermöglichen. Und nicht zuletzt auch: die Fähigkeit, eigene Unsicherheiten einzugestehen.

INNOVATION

3. Playful Innovation: Wirklich Neues entsteht durch Spiel­räume, nicht durch ­Aktionismus.

„Innovation“ ist in vernetzten Zeiten zu einem Muss geworden. Um dem Innovationsdruck gerecht zu werden, wird das Thema heute gern an isolierte Abteilungen oder Positionen delegiert, die dann aktionistische Digitalisierungspläne austüfteln. Doch in digitalisierten Zeiten kann Innovation kein planbares oder abschließbares Projekt mehr sein. Um die Dynamik der Digitalökonomie kreativ zu nutzen und mitzugestalten, brauchen Unternehmen einen kulturellen Shift in Richtung Beweglichkeit, Achtsamkeit – und Spielfreude.

Erst wenn im Unternehmen Spielräume für exploratives und achtsames Denken und Handeln vorhanden sind, kann Innovation mehr sein als nur ein Punkt auf der digitalen To-do-Liste. Nämlich eine neue kreative Qualität. Innovation wird dann nicht mehr als Zwang erlebt, sondern als Chance zur kreativen Mitgestaltung. Und es können echte Lernkulturen wachsen, in denen Neues gedeihen kann. Digitale Innovation braucht Beweglichkeit: Wer gewinnen will, muss spielen lernen.

KOOPERATION

4. Das Hafen-Prinzip: Ein digitalisiertes Unternehmen ist ein Knotenpunkt, keine geschlossene Einheit.

In der vernetzten Wirtschaft können Unternehmen nicht mehr als autonome Einheiten verstanden werden, sondern nur noch als Teil verschiedener Ökosysteme. Die Kompetenzvernetzung mit anderen Unternehmen und externen Experten wird deshalb elementar. Entscheidend ist hierbei ein neues, offeneres Verständnis des Unternehmens.

Organisationen stehen deshalb vor der Aufgabe, ihre interne und externe Anschlussfähigkeit zu erhöhen. Es gilt, das eigene Unternehmen dezentraler aufzustellen, die Schnittstellen zur Umwelt zu vervielfältigen Einzelkämpfer haben in digitalisierten Zeiten ausgedient und Beziehungen zu pflegen – insbesondere die Kooperation mit denjenigen, die über das Wissen verfügen, das einem selbst fehlt. Einzelkämpfer haben in digitalisierten Zeiten ausgedient. Erfolgreich in einer vernetzten Wirtschaft werden nur jene Unternehmen sein, die selbst gut vernetzt sind.

TECHNOLOGIE

5. Teamplay mit Technologie: Die Zukunft gehört der Allianz von Mensch und Maschine.

Die Beziehung zwischen Mensch und Maschine wird unsere Zukunft bestimmen. Eine erfolgreiche digitale Transformation bedeutet für ein Unternehmen daher immer auch die Integration reibungsloser Schnittstellen zwischen Mensch und Technologie. Hardware und Software werden zum zentralen Teil des unternehmerischen Alltags, die Auseinandersetzung mit der Technologie ist ein nie endender Prozess. Besonders wichtig ist es, ständig Erfahrungen zu sammeln im Umgang mit neuen Services und Devices. Und die Kompetenzen, die dabei erlernt werden, der gesamten Organisation zugutekommen lassen.

Auch hier bestimmt die Identität des Unternehmens das digitale Programm: Nur Organisationen, die Mensch und Maschine nicht als Konkurrenz sehen, sondern als Partner mit komplementären Stärken, sind auch in der Lage, technologische Potenziale zu erkennen und zu nutzen. Die digitale Welt kann nicht beherrscht werden. Aber der bewusste Einsatz digitaler Technologien kann helfen, ihre Möglichkeiten zu nutzen und außergewöhnliche User Experiences zu kreieren.

Dieser Text ist ein Auszug aus der Trendstudie „Hands-on Digital

Erläuterung zur Grafik:
# Die Nähe eines Begriffs zum Zentrum des Radars zeigt die Relevanz in Bezug auf einen neuen, pragmatischen Zugang zu Digitalisierung.
# Die Größe eines Begriffs veranschaulicht seine Präsenz im aktuellen Digitalisierungsdiskurs
# Die Begriffe in den dunkel schraffierten Kreisen sorgen mit ihrer Übermacht im Diskurs eher für Verblendung als Erleuchtung

Dieser Artikel ist in folgenden Dossiers erschienen:

Megatrend Konnektivität

Megatrend Konnektivität

Der Megatrend Konnektivität beschreibt das dominante Grundmuster des gesellschaftlichen Wandels im 21. Jahrhundert: das Prinzip der Vernetzung auf Basis digitaler Infrastrukturen. Vernetzte Kommunikationstechnologien verändern unser Leben, Arbeiten und Wirtschaften grundlegend. Sie reprogrammieren soziokulturelle Codes und bringen neue Lebensstile, Verhaltensmuster und Geschäftsmodelle hervor.

Folgende Menschen haben mit dem Thema dieses Artikels zu tun:

Christian Schuldt

Christian Schuldt ist Experte für Systemtheorie, den Kultur- und Medienwandel sowie die neuen Gesetzmäßigkeiten der digitalisierten, vernetzten Gesellschaft.