Welche Konsequenzen hat dieser Innovationsdruck heute für das unternehmerische Handeln?
Er führt dazu, dass Unternehmen das Thema Innovation immer weniger reflektiert angehen – und dabei auch neue Möglichkeiten für wirklich bessere Produkte oder Anwendungen übersehen. Innovation wird dann wahrgenommen als etwas, das einem passiert, nach dem Motto „Ich muss mich jetzt auch mal damit beschäftigen, denn es führt ja kein Weg mehr dran vorbei“. Durch den gefühlten Zwang von außen geht die eigene Handlungsfähigkeit verloren. Es entstehen immer mehr „Innovationen“, die stark auf Technologie setzen, aber eigentlich keine sind. Technologie ist dann eine Antwort, ohne dass es eine echte Frage gäbe. Hier gilt es, die Perspektive zu ändern: Gerade in Sachen Innovation müssen Unternehmen lernen, eigene Entscheidungen wieder selbstbewusst zu treffen.
Sie sprechen in dem Zusammenhang auch von „responsiver Innovation“. Was genau verstehen Sie darunter?
Der wichtigste Ratschlag lautet: Beachtet den Kontext! Auf was hat eine Innovation Auswirkungen, worüber denke ich vielleicht
Innovation ist heute etwas, das man eigentlich in Anführungszeichen setzen muss
noch gar nicht nach? Gibt es vielleicht in Zukunft Regulierungen, Bedürfnisse, gesellschaftliche Themen, die von Anfang an miteinbezogen werden müssen? In der Praxis bedeutet das, dass man sich ganz bewusst etwas langsamer bewegt, aber dafür die Umwelten im Blick behält und einbezieht. Das ist der Kern der responsiven Innovation: den gesellschaftlichen Kontext konsequent beachten, die Scheuklappen bewusst ablegen und einen systemischen Blick anwenden. Es geht nicht nur darum, das Auto zu antizipieren, sondern auch den Stau. Erst wenn ich diese möglichen Auswirkungen in den Innovationsprozess miteinbeziehe, kann ich tatsächlich nachhaltig innovieren und Dinge schaffen, die als Teil der vernetzten Welt funktionieren.