Beyond Food

Local Food, Seasonal Food und Nature Food – das sind nach wie vor zentrale Trends innerhalb unserer Esskultur. Aber wie bei allen Trends gibt es auch Gegentrends dazu: Techies und Veggies treiben das Doubeln von Lebensmitteln voran und machen Ersatzprodukte zum Teil des Mainstreams.
Food Report 2017

Pixabay / stevepb / Apple Juice / CC0

Essen? Wozu essen?

Das Ende der Lebensmittel, wie wir sie kennen, ist natürlich noch nicht erreicht. Aber in den Laboren von Universitäten und Nahrungsmittelproduzenten, selbst in den Supermarktregalen, finden sich inzwischen immer mehr Produkte, die jenseits dessen sind, was wir bis vor Kurzem noch unter dem Begriff Lebensmittel verstanden haben: Milch von Kühen, Fleisch von Schweinen, Brot aus Getreide, Mayonnaise aus Eiern – diese Selbstverständlichkeit hat sich erübrigt. Soylent (www.soylent.com) und viele andere vergleichbare Marken bringen Produkte auf den Markt, die das Essen selbst überflüssig machen sollen: Man trinkt – so das Versprechen der Hersteller – einfach regelmäßig eine mit den für nötig gehaltenen Nährstoffen angereicherte Flüssigkeit und braucht sich um seine Ernährung darüber hinaus keine Sorgen mehr zu machen. Geht easy am Schreibtisch oder im morgendlichen Pendlerzug, spart Kühlschrank, Herd und Geschirrspüler.

Ersatzprodukte werden Mainstream

Die Mayonnaise ohne Ei darf sich sogar „Just Mayo“ nennen. Nicht nur, weil „just“ auch „gerade noch“ bedeuten kann. Die Wurst ohne Fleisch oder der vegetarische Schinken stammen nicht mehr nur aus (kleinen) Betrieben, die sich dem Veganismus verschrieben haben, sondern werden auch von großen, fleischverarbeitenden Unternehmen hergestellt, wie etwa der deutschen Rügenwalder Mühle (www.ruegenwalder.de) oder dem österreichischen Landhof (www.landhof.at). Das signalisiert einen echten Paradigmenwechsel: Fleischersatzprodukte sind keine spleenigen Nischenprodukte mehr, sondern Teil des Mainstream-Sortiments, auch in den Supermärkten.

Zwei weitere Beispiele illustrieren das Entstehen einer neuen Lebensmittelkultur:

Beyond Meat – Das echteste Fake-Fleisch der Welt 

Das 2009 gegründete Unternehmen hat sich die Idee zur Mission gemacht, Fleischersatzprodukte zu finden, die näher am „Real Thing“ sind als alle ihre Konkurrenten und dabei auch noch natürlich bleiben. Fleischersatzprodukte sind keine spleenigen Nischenprodukte mehr, sondern werden Teil des Mainstream-Sortiments. Kurz nach der Gründung gelang es Ethan Brown und seinem Team bereits, wirtschaftliche Schwergewichte und Innovatoren wie Bill Gates oder Twitter-Gründer Biz Stone von der Idee zu überzeugen; beide zählen zu den ersten Investoren, inzwischen machen auch Top-Sportler aus der NBA und NFL für das Unternehmen Werbung. Bald auf die Gründung folgte das erste Produkt: Der Beastburger ist ein veganer Burger und besteht komplett aus pflanzlichen Zutaten wie Erbseneiweiß und Chia-Samen, imitiert aber Rindfleisch beinahe zur Perfektion – und gilt auch als gesünder.
www.beyondmeat.com

Snack Insects

Rezepte für „Entomophagier“ Insekten werden schon seit Jahren als „Superfood der Zukunft“ bezeichnet und von vielen Ernährungsexperten und auch der UN beworben, da sie zum einen extrem effizient zu züchten sind (sie verbrauchen nur einen Bruchteil des Platzes und Futters, den klassisches Zuchtvieh benötigt), zum anderen sind sie gute Protein- und Vitaminlieferanten. Auch in Deutschland und Österreich sind leidenschaftliche Startups dabei, Konsumenten Heuschrecken und Co. schmackhaft zu machen und ihnen alles fürs „Entomophagier“-Herz anzubieten: ein reichhaltiges Sortiment an diversen Insekten, Kochbücher und Informationen zum Eiweißlieferanten der Zukunft, ja sogar Insektenkochkurse finden sich im Angebot. www.snackinsects.com; insektenessen.at 

Trendprognose

Fleischersatzprodukte sind keine spleenigen Nischenprodukte mehr, sondern werden Teil des Mainstream-Sortiments. Auch große Wurstproduzenten können mit fleischlosen Alternativen ihre Umsätze steigern. Was noch vor Kurzem als „Kunstfleisch“ oder „Analogkäse“ geächtet wurde, wird mit dem Attribut „vegan“ salonfähig. Produkte, für die nicht nur moralische, sondern zunehmend auch kulinarische Argumente sprechen werden: Dann nämlich, wenn die vegane Hähnchenbrust tatsächlich besser schmeckt als das „Original“ aus der Käfighaltung, wenn „gut“ nicht mehr notwendig gleichbedeutend mit „natürlich“ ist. Dieser Paradigmenwechsel eröffnet Produzenten auch jenseits veganer Anliegen die Tore für „neue Lebensmittel“. 

Empfehlen Sie diesen Artikel!

Dieser Artikel ist in folgenden Dossiers erschienen:

Dossier: Food

Dossier: Food

Food-Trends zeigen Lebensgefühle und Sehnsüchte auf, bieten Orientierung und Lösungsversuche für aktuelle Problemstellungen. Getragen werden sie immer von Menschen. Geprägt aber werden sie von den tiefgreifenden, globalen und langfristig wirksamen Veränderungen der Megatrends. Food-Trends können deshalb als „Barometer“ fungieren: An ihnen lassen sich Entwicklungen ablesen, die sich tiefer in die Gesellschaft ausbreiten.

Folgende Menschen haben mit dem Thema dieses Artikels zu tun:

Online-Redaktion

Die Online-Redaktion des Zukunftsinstituts kümmert sich um alle sichtbaren Inhalte auf dieser Website und sorgt dafür, dass die ständig wachsende Anzahl neuer Informationen einen angemessenen Platz bekommt.