Plant Based Food – Der neue Spin bei Ersatzprodukten

Die kulinarische Aufwertung von pflanzlichen Nahrungsmitteln ist in vollem Gange. Entscheidend hierbei: Nicht mehr die Imitation von tierischen Produkten, sondern Gesundheit und Fitness werden in den Fokus gerückt. Ein Auszug aus dem Food Report 2019.

Von Hanni Rützler

Sprache schafft Wirklichkeit. Das wissen wir spätestens seit den Diskursen um die Political Correctness. Mitunter verschleiert sie aber auch, worum es tatsächlich geht. Der derzeit populärste Trendbegriff heißt – natürlich auf Englisch – „Plant Based Food“. Das klingt gesund, ethisch und ökologisch korrekt und doch nicht nach Entsagung. Und er umfasst viele unterschiedliche Trendausprägungen. Von einer flexitarischen über eine vegetarische Ernährung bis hin zu veganen Novel-Food-Produkten, die auf pflanzlicher Basis tierische Produkte imitieren: Shrimps und Geflügel, Rindfleisch und Thunfisch, Joghurt- und Milchgetränke.

Vegan vs. Plant Based

Der „Trick“ vieler innovativer Start-ups, die sich unter dem Motto „Plant Based Food“ an die Kreation neuer, tierfreier Produkte machen, ist, den von vielen Konsumenten als ideologischen Kampfbegriff inklusive Verzichtsgebot wahrgenommenen Terminus „vegan“ zu vermeiden und damit auch die wachsende Zahl von Menschen anzusprechen, die sich gesünder ernähren und den extensiven Fleischkonsum auch aus ökologischen Motiven reduzieren wollen, rigiden Diätformen aber skeptisch gegenüberstehen.

Pflanzen sind die neuen Stars

Plant Based, das ist genau genommen auch ein Gericht im Restaurant oder am heimischen Esstisch, bei dem Gemüse und Getreideprodukte die Hauptrolle spielen und Fisch oder Fleisch höchstens die kleine, willkommene Beilage darstellen. Der Trend bildet also eine Entwicklung ab, die sich auf vielen Ebenen unserer Esskultur beobachten lässt:

Spitzenköche, die – wie Alain Passard im L’Arpège in Paris oder Heinz Reitbauer im Steirereck in Wien – Gemüse zu den Stars auf ihren Tellern machen; die Renaissance der Wochenmärkte, auf denen Salate, Obst, Kräuter und Gemüse dominieren, hohe Zuwachsraten bei veganen Produkten auch in heimischen Supermärkten, der Boom an vegetarischen Kochbüchern und die wachsende Selbstverständlichkeit, mit der auch in einfachen Gasthäusern und in Betriebskantinen nicht nur ein Alibi-Veggie-Gericht angeboten wird. Alles deutet auf die „kopernikanische Wende“ hin, die wir schon im Food Report 2018 analysiert haben.

Neben der kulinarischen Aufwertung von Gemüse, Kräutern, Hülsenfrüchten und Getreide, durch Erweiterung der Sortenvielfalt in den Supermarktregalen sowie wachsendes Know-how im Hinblick auf sorgfältige, kreative, variantenreiche Zubereitungsarten überzeugen pflanzliche Rohstoffe (Soja, Nüsse, Hülsenfrüchte, Samen, Pseudogetreide wie Quinoa und Amaranth sowie Pilze) auch immer mehr als Ausgangsprodukte für gänzlich neue Lebensmittel.

Von „Schmeckt wie“ zu „Schmeckt!“

Vor allem der in pflanzlichen Quellen entdeckte Stoff Häm, der nun auch mit Hilfe gentechnisch veränderter Mikroorganismen hergestellt werden kann, dient amerikanischen Start-up-Unternehmen als Geschmacks-Booster für diverse Gerichte. Er kommt vor allem bei der Produktion von Veggie-Burgern zum Einsatz, wo er für den „blutigen Fleischgeschmack“ sorgt. Bei Fisch-Ersatzprodukten wie dem Vegan Toona von Sophie’s Kitchen oder den veganen Shrimps von New Wave Foods sind es dagegen meist Algen, die für „originalen Meergeschmack“ sorgen.

Trendprognose

Die Rolle von pflanzlichen Produkten wird auch künftig weiter wachsen. Das Konzept von Plant Based Food stellt die Vorteile einer solchen Ernährung in den Vordergrund – dies ist zugleich sein Erfolgsfaktor. Man muss nicht mehr auf Fleisch verzichten, sondern kann aus einer Vielzahl von ebenso wohlschmeckenden pflanzlichen Alternativen wählen.

Dieser Text ist ein Auszug aus dem Food Report 2019.

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Dieser Artikel ist in folgenden Dossiers erschienen:

Dossier: Food

Dossier: Food

Food-Trends zeigen Lebensgefühle und Sehnsüchte auf, bieten Orientierung und Lösungsversuche für aktuelle Problemstellungen. Getragen werden sie immer von Menschen. Geprägt aber werden sie von den tiefgreifenden, globalen und langfristig wirksamen Veränderungen der Megatrends. Food-Trends können deshalb als „Barometer“ fungieren: An ihnen lassen sich Entwicklungen ablesen, die sich tiefer in die Gesellschaft ausbreiten.

Folgende Menschen haben mit dem Thema dieses Artikels zu tun:

Hanni Rützler

Hanni Rützler ist die Expertin für Food-Trends. Sie schafft in ihren Keynotes, ihrem Food Report und in Projekten Orientierung für Food&Beverage-Unternehmen.