Das ist einer der Gründe, warum weniger entwickelte Länder es so schwer haben, aus der Armutsspirale auszubrechen: Wenn ausländische Firmen den Markt mit günstigeren und dabei oft auch noch qualitativ besseren Produkten fluten, haben Unternehmen vor Ort keine Chance. In Burkina Faso haben wir mit Viehzüchtern gesprochen, die von ihrem Beruf nicht mehr leben konnten. Der Grund? Billiges Fleisch, das aus den subventionierten Märkten in Europa importiert wird. Haiti und Nepal haben ähnliche Probleme, dort werden vor allem aus den USA respektive Indien Produkte und Dienstleistungen ins Land gebracht, die ebenso gut vor Ort hergestellt bzw. geleistet werden könnten.
Auf lange Sicht führen diese geschwächten Wirtschaften zu Massenarbeitslosigkeit, dem Abwandern der gebildeten Eliten und einem Mangel an basaler Infrastruktur: Kredite, ja selbst
Globalisierung kann ein mächtiges Instrument zur Abschaffung von Armut sein
ein simples Bankkonto sind kaum zu bekommen. Wenn man sich diese Mechanismen bewusst macht, leuchtet es ein, wie frustrierend die Suche nach Arbeit sein muss – und wie verzweifelt diese Menschen sein müssen, die versuchen, sich eine bessere Zukunft aufzubauen. Diese Verzweiflung löst dann Migrationsschübe aus, die wir hier in Europa als „Flüchtlingsströme“ kennen.
Die Globalisierung ist ein Prozess, der nicht aufgehalten werden kann, schon gar nicht im hoch vernetzten 21. Jahrhundert. Aber das muss er auch gar nicht. Denn wenn wir als Menschheit lernen, diese Mechanismen zu kontrollieren, und uns darauf konzentrieren, Partnerschaften einzugehen, die für beide Seiten profitabel sind, dann kann Globalisierung ein mächtiges Instrument zur Abschaffung von Armut sein. Dazu müssen multinationale Konzerne anfangen, globale Werte zu leben, und aufhören, ausschließlich auf Profitmaximierung zu setzen – sonst wird sich das globale Ungleichgewicht weiter verschärfen.
Welche zeitgenössische globale Entwicklung stimmt euch besonders optimistisch?
Wir sind die erste wirklich vernetzte und globalisierte Generation, die dieser Planet je gesehen hat. Wir treffen überall auf der Welt verwandte Geister, die Demokratie, Menschenrechte und Nachhaltigkeit zu schätzen wissen und fördern wollen. Wir glauben, dass diese Anliegen insgesamt auf immer größeres Interesse stoßen und von immer mehr jungen Leuten vertreten werden. Wenn diese heutige Jugend in Zukunft verantwortungsvolle Positionen in Politik, Wirtschaft und Medien innehaben wird, kann diese Welt wirklich ein besserer Ort werden.
Welche zeitgenössische globale Entwicklung stimmt euch besonders pessimistisch?
Viele politische Entwicklungen, die aktuell stattfinden, zeigen, dass große Teile der Bevölkerung in den mächtigsten Ländern die genannten Werte nicht vertreten. Wir befürchten ein Wiederaufflammen von Nationalismus und rücksichtslosem Kapitalismus, das keinen Raum lässt für Empathie.
Wie können wir die Kraft der Bilder nutzen, um eine bessere Welt zu erschaffen?
Es gibt ein grundlegendes Interesse des Menschen an seinen Mitmenschen, das von Nationalität, Rasse und Geschlecht völlig unabhängig ist. Dieses Interesse und die damit verbundene Empathie kann mit visuellen Medien geweckt werden, das erleben wir jeden Tag. Diese spezielle Macht der Bilder können wir nutzen, um Menschen zu inspirieren, selbst aktiv zu werden und ihre Talente zu nutzen, um eine bessere Version unserer globalisierten Welt hervorzubringen.
Dennis und Patrick Weinert sind Journalisten, Fotografen und Filmemacher. Sie wurden 1992 und 1994 in Deutschland geboren und leben momentan in Asien. Als Dokumentarfilmer und -fotografen mit einem Schwerpunkt auf politischen Themen, Menschenrechten und sozialen Konflikten haben sie in Afrika, Südostasien, Amerika und Europa gearbeitet. weinertbrothers.com
Ein Auszug aus dem Report „Generation Global“