So nachvollziehbar es ist, sich in unsicheren Märkten und schwankenden Konjunkturen auf Effizienz und Restrukturierung zu konzentrieren, so kurzsichtig ist es zugleich. Zukunftssicherheit, ja sogar Überlebensfähigkeit, hängt von scheinbar unnötigem Überfluss ab, von Zwischenlagern,
Was für Organisationen zutrifft, gilt spiegelgleich auch für die handelnden Personen selbst: Der Fokus auf Leistung ist die Abkürzung in die Sackgasse.
Umwegen, Redundanzen. Von Vielfalt statt Slimline. Die Inspiration für ein gelingendes Morgen wird nicht daraus entstehen, dass wir uns fragen, wo wir in der Vergangenheit mehr Leistung erbringen hätten sollen. Sie wird auch nicht daraus erwachsen, Corona und andere Krisen als einmalig auftretende Anomalien des Business-Lebens zu betrachten. Wir müssen daraus vor allem die Fähigkeit zur Bewältigung der Dynamik der Welt lernen. Diese Fähigkeit unterscheidet sich fundamental vom tradierten Leistungsgedanken.
3. Realismus bei New Work
Corona erwies sich als Prüfstand für New Work. Und zeigte, wie steil teilweise die Lernkurve von Unternehmen ist. Zu den absoluten Produktivitätsgewinnern zählten jene, die ihre Hausaufgaben hinsichtlich Infrastruktur, Kompetenz und vor allem Kultur bereits gemacht hatten. Denn dass aus räumlicher Isolation keine soziale Isolation wurde und Teams weiterhin zusammenarbeiten konnten, hing von der Unternehmenskultur und der Einstellung der Führungskräfte ab. Wichtig war der Grad, in dem leitende Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mit Remote Management, dem Führen auf Distanz, vertraut waren. Und ihre sogenannten „normativen Qualitäten“: Vertrauen, Ergebnisorientierung, Toleranz. Dabei zeigte sich sehr deutlich, dass Führung tatsächlich eine Dienstleistung ist – an den Menschen, die für das Unternehmen arbeiten und die besonders in herausfordernden Zeiten vor allem Unterstützung brauchen. Im Wort Dienstleistung steckt eben nicht nur Leisten, sondern auch Dienen. Und dieser Teil war nun bei Führungskräften besonders gefragt.
Nun wird sich als Erkenntnis durchsetzen, dass so manches im Bereich neuer Arbeitsmodelle immer wieder probiert und zugelassen werden sollte. Auch, weil die Hurra-Prediger von New Work entlarvt wurden. Die Spontantransformation befeuerte nicht nur unsere Fähigkeit, vom heimischen Küchentisch aus zu arbeiten, sie machte auch sehr deutlich bewusst, was wir am Büro vermissen – und was nicht. Die Sorge, dass durch mobiles Arbeiten das Büro seinen Wert verlieren wird, war schon immer völlig unbegründet. Daran änderte auch das Extrem-Home-Officing im Corona-Kontext nichts. Im Gegenteil: Erst seitdem gibt es eine wirkliche Sensibilität dafür, was moderne Büros leisten können und müssen und was wir brauchen, um produktiv zu sein – individuell, für uns selbst, und in der Zusammenarbeit mit anderen.