Achtsamkeit und Empathie als Türöffner für mehr Aufmerksamkeit: Warum sich ein Innehalten auszahlt – gerade in einem wettbewerbsintensiven Umfeld.
Von Dr. Markus Schweizer (11/2016)
Achtsamkeit und Empathie als Türöffner für mehr Aufmerksamkeit: Warum sich ein Innehalten auszahlt – gerade in einem wettbewerbsintensiven Umfeld.
Von Dr. Markus Schweizer (11/2016)
Welche Wirkung lösen die vielen Botschaften bei der großen Mehrheit aus? Eine schleichend steigende Gleichgültigkeit. Aufmerksamkeit als empfangene Zuwendung nimmt ab. Marketingmaßnahmen werden wie Zweitplatzierungen ausgeblendet, "Innovationen", Regalstopper oder Werbedurchsagen finden kaum Beachtung. Und die Freude am Konsum schwindet kontinuierlich – nur in der Fernsehwerbung schreien die Konsumenten vor Glück.
In dieser Phase des Aufmerksamkeitsentzugs und der Gleichgültigkeit reagieren viele Unternehmen hilflos mit noch lauteren Aktivitäten, um die Liebe der Konsumenten zurückgewinnen. Aufmerksamkeit lässt sich jedoch nicht ergattern oder erzwingen: Aufmerksamkeit wird geschenkt.
Der Weg dahin führt über drei Attribute – authentisch, einfach und nützlich:
Diese Trias ist nicht revolutionär oder neu – neu ist aber die Herausforderung und Dringlichkeit, diesen Dreiklang konsistent und solide umzusetzen, nach außen und nach innen, jenseits jeglicher Scheinwelten. Dafür braucht es Mut und insbesondere eine hohe Achtsamkeit und Empathie des gesamten Unternehmens sowie der einzelnen Mitarbeitenden.
Als Beispiel können die Unternehmen Hipp ("Dafür stehe ich mit meinem Namen") oder auch dm Drogeriemarkt ("Hier bin ich Mensch, hier kaufe ich ein") dienen. Bei beiden ist der Kunde nicht König und Verbraucher, sondern "Mitmensch und Partner". Dementsprechend sind auch die Leistungen und Botschaften auf Augenhöhe ausgerichtet.
Achtsamkeit entsteht dann, wenn man loslässt und einige Schritte zurücktritt, innehält, um sich selbst im Verhältnis zur Welt zu betrachten – und zu bewegen. Achtsamkeit bedeutet, Taten wieder an Denken, Botschaften an Verstehen und Leistungen an Kundennutzen zu koppeln. Für diese Koppelung ist ein hoher Grad an Empathie notwendig: um Emotionen, Motive und Bedürfnisse anderer Menschen zu erkennen und zu verstehen – und um danach zu handeln.
Dazu sind längst nicht alle Unternehmen in der Lage. Anbieter sind es meistens gewohnt, ihre Botschaften und Leistungen vorzugeben. Die Nachfrage nach mehr Sinn im Konsum und die Machtverschiebung dank der Digitalisierung dürfte viele Unternehmen deshalb vor neue Herausforderungen stellen. Da Achtsamkeit und Empathie immanente Teile der Unternehmenskultur sind, erfordert eine erfolgreiche Profilierung meist eine grundlegende Transformation der Organisation von innen heraus. Eine Investition, die keine kurzfristigen Erträge bringt – sich aber in der Zukunft auszahlt.
Dr. Markus Schweizer leitet den Bereich "Corporate Development" der Genossenschaft Migros Aare in der Schweiz und ist seit rund zehn Jahren in leitenden Positionen im deutschen und schweizerischen Handel tätig. Er ist Autor zahlreicher Fachbücher und Leitartikel sowie regelmäßiger Referent zu den Themen Handelsstrategie, Kundenforschung/-zentrierung und Digitalisierung.