Agiles Projektmanagement hat Konjunktur – und scheitert doch allzu oft an den komplexen Bedingungen der neuen Arbeitswelt. Eine Studie des CreaLabs Luzern erklärt, warum.
Von Julie Harboe, Barbara Kummler & Patricia Wolf (11/2016)
Agiles Projektmanagement hat Konjunktur – und scheitert doch allzu oft an den komplexen Bedingungen der neuen Arbeitswelt. Eine Studie des CreaLabs Luzern erklärt, warum.
Von Julie Harboe, Barbara Kummler & Patricia Wolf (11/2016)
Schnelle Veränderungen in der Arbeitswelt, der Umbruch von Silo- zu lateralen Arbeitsstrukturen, junge Mitarbeitende mit neuartigen Zielen – all das verlangt auch nach neuen, zeitgemäßeren Formen des Projektmanagements: Methoden, die Selbstorganisation und Verantwortungsübernahme innerhalb von Teams in den Mittelpunkt stellen.
Megatrends wie Individualisierung und Nachhaltigkeit führen dazu, dass Mitarbeitenden die Sinnhaftigkeit ihrer Arbeit sehr wichtig wird. Diesen Sinn und die eigene Situierung im Prozess und im Team müssen sie sich jedoch in Reflexionsschlaufen und in der Interaktion mit anderen selbst erarbeiten. In Projekten sollten deshalb Räume geschaffen werden, in denen Projektmitarbeitende ihren Beitrag und ihre Kompetenzen in Bezug auf Arbeitsmethodik und Ziele fokussieren können.
In den vergangenen Jahren wurden hierfür agile Projektmanagementmethoden entwickelt und angewandt. Gerade das agile Vorgehensmodell Scrum ist heute weit verbreitet, in erster Linie, weil es leicht verständlich ist. Es kann auf einem Bierdeckel zusammengefasst werden und bietet einen einfachen Start in die Agilität.
Agile Vorgehensmodelle versprechen laut dem Standish Group Chaos Report 2015 eine höhere Erfolgsquote als traditionelle. Gleichwohl zeigt der Report auch, dass bei 52 Prozent der agil umgesetzten Projekte die Funktion, Qualität, Kosten und/ oder Termine nicht wie vorgesehen eingehalten werden konnten. In einer Studie des Zukunftslabors CreaLab der Hochschule Luzern wird klar, dass auch das agile Projektmanagement weiter und in neue Dimensionen ergänzt werden muss.
"Wir haben das vorhandene Framework auf unsere Projektabläufe und -erfordernisse angepasst", sagt etwa Davide Cortese, CEO der Arcmedia AG in Luzern, "damit die Schnittstellen zum Kunden und weiteren Projekt-Stakeholdern optimal bedient werden können." Wie die Untersuchung zeigt, bleibt es jedoch in vielen Unternehmen eine Herausforderung, die Elemente agilen Projektmanagements in einer beschleunigten Arbeitswelt anzuwenden und zu integrieren. "Wir wissen, dass mit agilen Methoden und selbstorganisierten Teams der Aufwand geringer gehalten werden kann", sagt etwa Andy Tonazzi, Geschäftsführer der konplan systemhaus ag im Schweizer Rotkreuz, "bislang fehlt es jedoch noch an Sicherheit und auch an möglichen Projekten, um neue Ansätze auszuprobieren."
Die Studie des Zukunftslabors CreaLab weist darauf hin, dass das Zusammenspiel mit der Unternehmenskultur stimmen muss, damit agile Methoden erfolgreich sein können. "Neue Projektmanagementmethoden müssen die Sichtbarkeit der Mitarbeitenden erhöhen und ihnen ermöglichen, ihre Kompetenzen in die Prozesse ganzheitlich einzubringen", sagt Franziska Espinoza, Senior Change Consultant des Swisscom TeamLab in Bern.
Dies ist auch verbunden mit der Frage nach Innovation verbunden. So wünscht sich beispielsweise Rolf Nussbaumer, Leiter Entwicklung der Schurter AG in Luzern, "Entwicklungsprozesse, die wirksam abgewickelt werden und gleichzeitig einen hohen Grad an Neuigkeit hervorbringen können". Alle Befragten wissen, dass die neuen Ansätze nötig sind, um für jüngere Generationen attraktive Arbeitgeber sein zu können.
Um ein Mindful Business gewährleisten zu können, so resümiert die Studie, muss der Blick der agilen Methoden vom Systemischen gezielt auf das Individuum gewendet werden. So bekommen Management, Teams, Projektleitende und Kunden die nötige Sicherheit, Grundlagen und Unterstützung, um Elemente agiler Projektansätze erfolgreich zu ergänzen und anzuwenden.
Julie Harboe ist Kunsthistorikerin und Kernteammitglied des Zukunftslabors CreaLab der Hochschule Luzern. Ihre Forschungsschwerpunkte sind Innovation und transdisziplinäres Projektmanagement.
Barbara Kummler ist diplomierte Medienwirtin. Im Kernteam des Zukunftslabors CreaLab der Hochschule Luzern beschäftigt sie sich vor allem mit Fragen des Prozessmanagements und der Projektorganisation.
Prof. Dr. Patricia Wolf ist Leiterin des Zukunftslabors CreaLab und Forschungskoordinatorin des Instituts für Betriebs- und Regionalökonomie an der Hochschule Luzern.