Playful Leadership: Loslassen ist das neue Führen

Die Arbeitswelt von morgen muss sich neuen, experimentierfreudigeren Anforderungen stellen – das gilt auch und vor allem für das Thema Führung. Ein gekürzter Auszug aus der Studie „Playful Business

Von Janine Seitz

Eisenhardt / Zukunftsinstitut

Flache Hierarchien, agiles Projektmanagement, Work-Life-Blending – all dies stellt Führungskräfte vor neue Herausforderungen. Eine Arbeitswelt, die sich durch die Digitalisierung und globale Vernetzung grundlegend wandelt, folgt keinen klaren Regeln mehr und bietet weder Mitarbeitern noch Führungskräften Sicherheit. Mehr denn je braucht die Wirtschaft von morgen deshalb Entdecker mit einem „Playful Mindset“: mit einer Denkweise, die nicht linear auf klare Ziele fokussiert ist, sondern auch neugierig zur Seite blickt, sich ablenken lässt, offen für Neues ist. Playfulness wird zu einer zentralen Eigenschaft der Führungskultur von morgen.

Vom Ich zum Wir

Leadership hat immer weniger mit der klaren Steuerung einer Organisation oder eines Teams zu tun. In der vernetzten Ökonomie brauchen wir weniger einen Steuermann, der den Kurs angibt, als vielmehr eine empathische Persönlichkeit, die in der Lage ist, sich in andere hineinzufühlen, um beste Bedingungen für Mensch und Organisation zu schaffen. Der britische Leadership-Experte Richard Barrett fordert deshalb ein neues Paradigma der Führungskultur – „a shift from being the best in the world to the best for the world“. Es geht nicht mehr um das Ich, sondern darum, das Wir-Gefühl in einer Organisation zu etablieren und zu fördern.

Die Wir-Prinzipien Kooperation und Kollaboration sind zugleich wichtige Elemente des Spiels. In Online-Games etwa muss man mit anderen Spielern kooperieren und kollaborieren, um erfolgreich zu sein. Genau diese Fähigkeit wird auch in Projekten abverlangt – so wie die Kompetenz, in verschiedene Rollen schlüpfen zu können: In einem Projekt ist man Projektleiter oder Scrum Master, in einem anderen Mitarbeiter oder Beobachter.

Spielen für Veränderung

Playful Leadership bedeutet nicht, den Mitarbeitern Spiele an die Hand zu geben, um ihre Motivation zu stärken. Vielmehr geht es darum, die Elemente, die ein Spiel mit sich bringt, in der Unternehmensstruktur zu etablieren. Ziel ist es, eine Atmosphäre zu schaffen, in der die Mitglieder einer Organisation nicht mehr „arbeiten“, sondern „spielen“. Eine solche Playful Gamification hat dann die Kraft, die Strukturen in einer Organisation zu verändern.

Laut Harald Warmelink, Philosoph und Forscher im Bereich „Digital Entertainment“, ist eine Playful Organization durch fünf zentrale Spielmuster gekennzeichnet:

  • Alternative Realität: Es wird eine Arbeitskultur geschaffen, die sich vom Alltag unterscheidet. Diese alternative Realität lebt von ihrer Unberechenbarkeit und kann mit einem Hauch von Magie in Verbindung gebracht werden.
  • Handlungsfreiheit: Obwohl die alternative Realität klare Grenzen hat, bietet sie Freiraum für eigene Entscheidungen und Wahlfreiheit.
  • Äquivalenz: Der Spieler identifiziert sich mit einer Rolle oder anderen Spielern. Im ersten Fall wird er zu jemand anderem (Rolle), im zweiten fühlt er sich sozial zugehörig und leistet Widerstand gegen Machthierarchien, die nicht Teil der alternativen Realität sind.
  • Engagement: Aktivität ist die Voraussetzung dafür, dass Erfahrungen und Entdeckungen im Spiel gemacht werden können. Aus diesem Engagement kann der positive Gemütszustand des Flow entstehen. Externe
  • Folgenlosigkeit: Eine positive Fehlerkultur ist die Voraussetzung dafür, dass sich ein Spieler in einer abschreckenden oder gefährlichen Umgebung mit der gleichen Handlungsfreiheit engagiert wie in einer angenehmen alternativen Realität

Die Welt des Spiels eröffnet eine alternative Realität, in der alles auch anders sein könnte: einen abgesicherten Leaders have to surround themselves not with followers, but with other leaders Modus, in dem nichts unmöglich und alles erlaubt ist, in dem jeder den Umgang mit dem Unberechenbaren und Unvorhersehbaren trainieren kann. Mitarbeiter brauchen diesen Raum zum Experimentieren, um ihre Komfortzone und Routinen verlassen zu können. Das kann nur gelingen, wenn diese Experimente auch scheitern dürfen.

Das Spiel gibt Führungskräften und Mitarbeitern also die Möglichkeit, die Welt als komplex und chaotisch zu akzeptieren – und zugleich jene Fähigkeiten zu schulen, die immer wichtiger werden, um erfolgreich in dieser Komplexität zu navigieren. Playful Leadership nimmt die Angst und Scham bei der Arbeit – und weckt die individuelle Kreativität jedes einzelnen Mitarbeiters.

Dieser Text ist ein gekürzter Auszug aus der Studie „Playful Business“

Dieser Artikel ist in folgenden Dossiers erschienen:

Dossier: Playful Business

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Eine vernetzte und digitalisierte Wirtschaft und Gesellschaft verlangt neue Spielregeln: Nur wer künftig spielerisch denkt und handelt, ist flexibel, innovativ und zukunftsfähig. Playfulness wird zum Erfolgsfaktor für Unternehmen.

Dossier: Leadership

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Die Weltwirtschaft ist nicht mehr von zwei oder drei großen Playern dominiert, sondern längst ein multipolares Spielfeld geworden. Wie können sich Führungskräfte in diesem Kontext behaupten und welche Fähigkeiten brauchen sie?

Dossier: Innovation und Neugier

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Wie entstehen Produkte und Dienstleistungen? In der komplexen Netzwerköonomie wird Innovation immer wichtiger: die Fähigkeit, neue Sichtweisen einzunehmen, neue Ideen zu entwickeln und neue Zukunftsperspektiven für Organisationen zu entwerfen.

Folgende Menschen haben mit dem Thema dieses Artikels zu tun:

Janine Seitz

Die studierte Kulturanthropologin ist seit 2008 Redakteurin des Zukunftsinstituts. Ihr Fokus: die Zukunft des Handels, Digitalisierungstrends und Global Sustainability. Als Projektleiterin verantwortet Seitz die inhaltliche Koordination der Branchen-Reports.