Das Konzept des Prosumer Retail bringt Produzent und Konsument auf Augenhöhe zusammen – auch in Produktions- und Vermarktungsprozessen.
Von Janine Seitz (04/2016)
Das Konzept des Prosumer Retail bringt Produzent und Konsument auf Augenhöhe zusammen – auch in Produktions- und Vermarktungsprozessen.
Von Janine Seitz (04/2016)
Die Trends des kollaborativen Konsums und der Shareconomy fordern dem Handel neue Konzepte ab: Prosumer Retail beschreibt die Verschmelzung von Produzent und Konsument. Käufer und Verkäufer werden zu gleichberechtigten Partnern, nicht nur im Verkaufs-, sondern bereits im Herstellungsprozess, in der Sortimentsauswahl, in der Produktgestaltung und in der Vermarktung. Verkaufen ist ein gemeinschaftliches Unterfangen, das den einstigen Verbraucher zum kreativen Sales Associate macht. Das reelle Ladengeschäft wird dabei zum Kreativ Hub für einen kollaborativen Handel der Zukunft.
Der mündige Konsument ist nicht nur besser informiert als je zuvor, er fordert auch ein Mitspracherecht. Seine Macht und sein Einfluss sind enorm. Das beweisen nicht zuletzt Negativbeispiele wie Shitstorms, die in der Online-Kommunikation über ein Unternehmen niedergehen. Inzwischen steht nicht mehr nur der Verkäufer zwischen einer Marke und dem Kunden. Überinformierte Kunden geben Ratschläge und Empfehlungen oder helfen beim Verkauf – erwarten dafür aber auch eine entsprechend honorierende Gegenleistung.
In ihrer Studie „User-generated versus designer-generated products“ zeigten Hidehiko Nishikawa, Martin Schreier und Susumu Ogaw bereits 2013, welche Vorteile Open Innovation und Crowdsourcing für den Handel bieten können. In Kooperation mit dem japanischen Retailer Mujo untersuchten die Forscher, ob es Unterschiede in den Verkaufszahlen von Produkten gibt – in diesem Fall Möbel –, wenn sie von Konsumenten entworfen wurden oder aus der hauseigenen Designabteilung stammten. Das verblüffende Ergebnis: Im ersten Jahr nach der Produkteinführung waren die Verkaufserlöse der nutzergenerierten Objekte dreimal so hoch wie die aus der Designschmiede. Diese Effekte verstärkten sich über die Jahre noch. Drei Jahre nach Markteinführung, so die Autoren, hatten mehr Produkte „überlebt“, die von Kunden gestaltet wurden, als solche, die von Designern entwickelt wurden.
Eine britische Studie des Handelsforschungsunternehmens Conlumino in Zusammenarbeit mit dem E-Commerce-Partner Webloyalty belegte, dass 49 Prozent der Konsumenten, die Mitglied in einem Sozialen Netzwerk sind, mit einem Retailer via Social Media interagiert haben. Doch nur knapp vier Prozent der Befragten haben über Social-Media-Kanäle einen Kaufabschluss getätigt. Das entspricht gerade einmal 0,5 Prozent der gesamten Handelsumsätze. Social Networks werden weniger zum Kaufen von Produkten genutzt, als vielmehr um Ideen zu sammeln und Neuigkeiten über Marken zu erhalten. Ein Drittel der Konsumenten machen ihre Kaufentscheidung von Empfehlungen anderer abhängig.
Ken Morris, Chef des Beratungsunternehmens Boston Retail Partners, beschreibt die Entwicklung vom Verkaufsort zum Customer-Point-of-Sale: „Die Zukunft des PoS liegt sprichwörtlich in den Händen der Konsumenten.” Einer Studie der Harvard Business Review zufolge nutzen Konsumenten ihre Smartphones zu 19 Prozent der Zeit für Socializing. Dieses Feedback von Freunden ist wichtig für Konsumenten. Händler, die diese Möglichkeiten während des Einkaufens anbieten, können Vertrauen schaffen und loyale Kundenbeziehungen aufbauen.