Das Modell, seiner Form wegen auch Lazy Eight genannt, entstammt der Resilienzforschung, die Entwicklungsdynamiken in komplexen Systemen untersucht. Dabei macht das Konzept auch deutlich: Die Krise ist inhärenter Teil jedes Systems. Sie ist daher prinzipiell nicht zu verhindern – aber durch Adaption verdaubar. Diese Übung praktizieren wir im Zeichen der Corona-Krise global.
Zurück ins alte Spiel oder hin zum neuen Spiel?
Bezogen auf das Modell der Lazy Eight begibt sich die Wirtschaft auf eine Rückwärtsschleife der Erneuerung. Am kritischen Punkt der Bifurkation gibt es zwei Möglichkeiten: entweder das Festhalten am alten Status quo, das Zurück ins alte Spiel – oder den Sprung in die Innovation, hin zu einem Neustart, einem neuen Spiel. Der Versuch, den Status quo wieder zu erreichen, geht einher mit einer Marktbereinigung. Die Frage des alten Spiels ist: Wer setzt sich im (globalen) Wettbewerb schneller durch?
Die Neubezüge, die sich in dieser Phase formen, verändern das Bild der Wirtschaft nachhaltig. Auf der „Rückwärtsschleife“ der Lazy Eight folgen Konfusion und Improvisation – beobachtbar auch auf der politischen Weltbühne. In dieser Konfusion finden sich aber auch Visionärinnen und Visionäre, die bis dahin kaum in Erscheinung getreten sind. Und die Rollen von Institutionen wandeln sich. Ein „Parliament of Mayors“ beispielsweise wird eine wesentliche Stütze der globalen Wiederaufbauentwicklungen sein. Und unternehmerische Persönlichkeiten, die wir heute kaum kennen, werden eine neue weltweite Vorbildwirkung entfalten.
Die meisten Unternehmen werden sich in Zeiten der Corona-Pandemie in einer Phase in der Nähe des kritischen Umschaltpunkts befinden, einige werden bereits Entscheidungen getroffen oder Anpassungsprozesse umgesetzt haben, andere werden noch in der akuten Krisenbewältigung stecken. Ganz am Anfang gilt es für alle gleichermaßen, die Frage zu klären: Wo steht mein Unternehmen?
Aus der Konfusion zu einem neuen Unternehmertum
In der Konfusion entwickeln sich neue Autoritäten: jene, die eine Vision haben, um die um sich greifende Verwirrung in Fortschritt zu übersetzen. Authentische Visionen sind der Treibstoff einer neuen Klasse von Unternehmen. Auf die Konfusion folgt unweigerlich die Innovation, jedoch nicht mehr im Sinne von ständiger technologischer Neuerung, sondern mit einem neuen Verständnis von Kreativität und innerhalb neuer mutiger Unternehmenskulturen. Zentral für die Resilienz eines Unternehmens sind die Menschen, die in ihm und für es arbeiten. Um die richtigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu finden (und zu halten), ist ein Umdenken erforderlich – weg von Human Resources, hin zu Human Relations. Auch die Rolle von Marken und Marketing ist – nicht erst seit Corona – im Wandel: Erfolgreiche Marken müssen künftig weniger auf einzelne Individuen fokussieren, sondern mehr auf Werte und kollektive Identitäten. Zukunftsfähige Marken verstehen sich als aktive Treiber des Wandels.
All diese Transformationsprozesse erfordern eine zeitgemäße Unternehmensführung, in der es nicht mehr primär um Leistungssteigerung und operative Exzellenz geht, sondern darum, die richtigen Bedingungen für Adaption zu schaffen. Dies bedeutet nicht zuletzt, dass Führungskräfte stets die Veränderungen im Außen im Blick haben und mit dem Innen des Unternehmens in Einklang halten müssen. Dies gelingt am besten in der systematischen Auseinandersetzung mit Trends und Megatrends.