Verreisen, ohne auch nur einen Schritt vor die heimische Haustür zu setzen? Das Internet macht’s möglich
Virtueller Urlaub: Interactive Travelling
Reisen und Unterwegssein ist nicht mehr länger an einen Ort gebunden. Raum und Platz sind nicht länger an Koordinaten gebunden, sondern können aus der Ferne erlebt werden. Anders als früher, als man sich Grand Canyon oder Chinesische Mauer über Fernsehen oder Dia-Show nach Hause brachte, ist es heute ein interaktiver Faktor, welcher das virtuelle Reisen so attraktiv macht. Es findet in Echtzeit statt, lässt Interaktion mit Ortsansässigen zu und führt den Reisenden auch zu Orten, die er „draußen“ niemals zu Gesicht bekommen hätte.
- Digitale Reiseleiter: Direkt an junge Reisende richtet sich das Concierge-Programm von Marriott Australia. This City my Way hat fünf Teenager engagiert, die in den Hotels in Sydney, Melbourne, Brisbane und an der Gold Coast ständig neue Lieblingsplätze und Sightseeing-Vorschläge im jeweiligen Ort auf Instagram posten. Das können Skateparks oder Surfspots sein, aber auch das persönlich favorisierte Café oder ein Ausgehtipp für den Abend. Die Teen-Concierges können für Rückfragen mittels des Messengers Kik direkt angeschrieben werden. Sie sind die Insider, die vor allem von Teenagern und Jugendlichen komplikationslos und ohne Hürden kontaktiert werden können.
- Entdeckung neu interpretiert: Fast „klassisch“, weil es nicht mit dem Ziel des Destinationsmarketings arbeitet, funktioniert dagegen The Secret Door – eine Tür zu Google Street View-Plätzen, die normalerweise unentdeckt bleiben. Per Zufall werden dem User zauberhafte, faszinierende, schräge Street-View-Perspektiven offenbart: von trashigen Geschäften über abbruchreife Häuser und Boulderhallen bis hin zu Wüsten- und sogar Unterwasserlandschaften. Hinter dem Projekt steht der britische Fenster- und Türenhersteller Safestyle UK – eigentlich das einzig wirklich virtuelle Reisebüro.
- Der ferngesteuerte Tourist: Noch einen Schritt weiter ging im Oktober 2013 Melbourne. Zwei mit Helmkamera, Mikrofon und GPS ausgestattete Reiseführer konnten via Internet ferngesteuert werden. Der Livestream war im Internet zu verfolgen, die User konnten über Chat, Twitter oder Facebook den beiden Remote Control Tourists Aufträge erteilen – u.a. auch einen Helikopter-Flug, den Besuch eines Selbstverteidigungskurses oder den Test eines bestimmten Restaurants. Zwölf Stunden täglich waren die beiden an den fünf Tagen im Einsatz, interaktiv lassen sich die besuchten Orte samt der Kommentare der vier Remote Control Tourists nachverfolgen. Mitinitiiert wurde die Kampagne vom Regisseur Jason Zada, der bekannt dafür ist, dass seine Filme keinen klassischen Erzählstrang haben. 3,6 Millionen Australische Dollar hat sie sich der Bundesstaat Victoria kosten lassen.
Interactive Travelling wird künftig für Verbraucher so normal sein wie einst in einem Reiseführer zu blättern. Keine Attraktion wird es sich daher langfristig leisten können, eine nur rein statische Webpräsenz zu Für die Freizeit- und Tourismusbranche ist es wichtig, die Diffusion zwischen real und virtuell rechtzeitig zu erkennen und umzusetzen haben, ohne den User direkt mit zu integrieren. Erlebnis beginnt vor dem Urlaub und muss mitunter gar nicht in einer Reise münden. Zu überlegen ist, wie sich hier Finanzierungsmodelle finden lassen, welche Interactive Travelling aus dem reinen Umsonst- und Spaßangebot in eine professionelle und qualitativ hochwertige Liga befördern. Das Potenzial ist da, denn interaktive Nutzung des Internets ist längst Alltag und keine Besonderheit mehr. Daher ist es für die Freizeit- und Tourismusbranche wichtig, die Diffusion zwischen off- und online, zwischen real und virtuell rechtzeitig zu erkennen und umzusetzen.