„Pandemials“ zum Trendwort 2022 gewählt
Die User des Zukunftsinstituts haben entschieden: „Pandemials“ setzte sich bei der Wahl zum Trendwort 2022 deutlich vor „Coronadauerwelle“ und „Genderphobia“ durch.
Die User des Zukunftsinstituts haben entschieden: „Pandemials“ setzte sich bei der Wahl zum Trendwort 2022 deutlich vor „Coronadauerwelle“ und „Genderphobia“ durch.
Trendwörter beleuchten aktuelle Veränderungsprozesse, indem sie soziokulturelle Dynamiken in kompakten Begriffen zusammenfassen. Als Schlaglichter des Wandels öffnen sie die Augen für neue Realitäten, die sich bereits etabliert haben – oder gerade im Entstehen sind. Daher hat das Team des Zukunftsinstituts auch für den Zukunftsreport 2022 wieder Trendwörter gesammelt und sie zur Wahl gestellt.
Für die User des Zukunftsinstituts war die Sache klar: Der überwiegende Teil stimmte für „Pandemials“ ab und kürte den Begriff damit zum Trendwort 2022. Folgend können Sie die gewählten Trendwörter in entsprechender Reihenfolge nachlesen. Das detaillierte Ergebnis finden Sie unter diesem Link.
Pandemials ist eine Bezeichnung für die Nachfolgegeneration der Millennials und der Gen Z, die in besonderem Maße geprägt ist von den Maßnahmen während der Coronapandemie. Die Pandemials haben gelernt, mit wiederkehrenden Viruswellen und Lockdowns umzugehen. Die Verwendung von Desinfektionsmitteln oder regelmäßiges Händewaschen sind für sie so selbstverständlich wie Zähneputzen.
Coronadauerwelle beschreibt das wiederkehrende Auf und Ab der pandemischen Infektionszahlen und Lockdowns während der Coronakrise. Mit der Zeit ist klar geworden: Corona ist kein One-Wave-Wonder, sondern eine veritable Dauerwelle, die gekommen ist, um zu bleiben – oder genauer: um wiederzukommen.
Genderphobia ist die reflexhafte allergische Reaktion gegen eine geschlechtergerechte Sprache. Impulsive Abwehrmechanismen treten bereits bei Sichtung eines inkludierenden Sternchens oder beim Hören einer Gender-Pause auf – und können schnell zu latent aggressiven Tiraden führen. Gender-Kritikerinnen und -Kritiker (wobei Letztere deutlich in der Mehrzahl sind) sprechen in diesem Zusammenhang gern von „Gender-Wahn“, „Gender-Gaga“ oder „Sprachverhunzung“.
Impfluencerinnen und Impfluencer sind einflussreiche Online-Persönlichkeiten, die aus ihren Impferlebnissen Social-Media-Storys machen, zum Teil inklusive kontinuierlicher Nebenwirkungsberichterstattung. Der Status eines Impfluencers oder einer Impfluencerin misst sich an der Zahl der Menschen, die sich aufgrund seiner medialen Story selbst impfen lassen. Symbolbild des Impfluencings ist der mit einem Pflaster versehene Oberarm.
E-Volution beschreibt den Durchbruch der Elektroantriebe als neues Mobilitätsparadigma und eine radikale Transformation der Antriebslandschaft. Indem der E-Antrieb den Verbrennungsmotor hinter sich lässt, verändern sich nicht nur die Geschäftsmodelle der Automobilität, sondern auch die Umweltbedingungen in unseren Städten.
Boomerangst ist die Panik der Baby-Boomer-Generation (kurz: Boomer) vor dem Älterwerden oder Als-alt-Erscheinen. Als erster Nachkriegsgeneration standen den Boomern alle Türen offen – nun droht sie der Zeitgeist einzuholen. Ihre Sichtweisen und Werte wirken auf junge Menschen oft verstaubt und nicht mehr zeitgemäß. Längst hat sich die Floskel „OK Boomer“ als Standardreaktion (und als Meme) auf engstirnige, unflexible, altmodische Sichtweisen vonseiten der Boomer etabliert.
Lostalgie ist zusammengesetzt aus „lost“ und „Nostalgie“: Die Herausforderungen der heutigen Zeit, von Klima- und Coronakrise bis zu Terrorismus oder sozialer Ungerechtigkeit – können schnell überfordern und zu Orientierungslosigkeit führen. Man fühlt sich „lost“. Ein simpler Coping-Mechanismus ist der nostalgische Rückblick in die scheinbar „heilen“ Jahre des späten 20. Jahrhunderts, in denen (zumindest hierzulande) vieles noch im Reinen zu sein schien – lostalgisch erinnert man sich an die vermeintlich besseren, konsumhedonistischen 1990er-Jahre.
Civil Media beschreibt den Aufschwung von tatsächlich sozialen Medien – und damit den Gegenentwurf zu Alarmismus, Sensationsgeilheit und asozialen Medien. Dabei werden konstruktiver Journalismus und respektvolle Interaktionen großgeschrieben: Statt toxischen Online-Communitys wünschen sich immer mehr Menschen einen bewussteren und achtsamen Austausch. Die neue Plattform Herd beispielsweise setzt andere Standards: Keine Werbung, kein Verkauf von Daten, keine Hatespeech oder Fake News – das sind die Grundlagen, um echtes Zusammengehörigkeitsgefühl zu ermöglichen.
Vegourmets sind eine immer größere werdende Anzahl von Menschen, die sich – auch befeuert durch die Coronakrise – bewusster und vor allem pflanzlicher ernähren. Nun sind die Restaurants gefragt, diesem Trend gerecht zu werden und die neuen Vegourmets anzusprechen. Jedes gute Restaurant wird künftig neue pflanzenbasierte Angebote als fixen Bestandteil in seine Karte aufnehmen, um so auf die Nachfrage von vegetarischer und veganer Ernährung zu reagieren.
LinkedIn-Flex ist der Trend zur Selbstbeweihräucherung (jugendsprachlich: „flexen“) auf dem Business-Netzwerk LinkedIn: Jobwechsel werden mit „honored and humble”-Ansprachen verkündet, Pflichtpraktika zur „life-changing challenge” überhöht, und jedes noch so unbedeutende Detail wird als Baustein einer „thrilling personal journey” inszeniert. Die Gen Z macht sich bereits einen Spaß daraus, die pathetischen Selbstbelobigungen und Demutsbekundigungen zu parodieren.
Cam-Shaming bezeichnet den sozialen Druck in Videokonferenzen, die Kamera einzuschalten. Angesichts der neuen Fülle von Online-Meetings sind viele geneigt, lieber einen Snack zu essen, die Spülmaschine auszuräumen oder zu dogcrastinaten, statt ständig vor der Kamera präsent zu sein. Das Cam-Shaming läuft dieser Bestrebung zuwider. Manche stellen deshalb schon vor Meeting-Beginn die Kamera perfekt ein und wählen einen passenden, professionellen Hintergrund.
Schwammstadt ist eine Stadt, die so konzipiert ist, dass sie Regenfälle passiv absorbiert, reinigt und auf umweltfreundliche Weise nutzt, um gefährliches und verschmutztes Abwasser zu reduzieren. Das Regenwasser wird dabei beispielsweise von Dächern, Spielplätzen und Dachgärten an Bäume weitergeleitet, die es aufnehmen. Wasserdurchlässige Straßen machen Städte sicherer – was angesichts drohender Überschwemmungen durch den Klimawandel immer relevanter wird.
Onlife ist ein Begriff, den der Philosoph Luciano Floridi geprägt hat, um das Leben in virtuellen Welten zu beschreiben: das „Online Life“. Im Zuge der Coronapandemie hat das Phänomen stark an Popularität gewonnen. Konzentriert sich das Onlife heute noch stark auf die Gaming-Welt, könnte es sich künftig zu einem umfassenden Über-Netz entwickeln: dem Metaversum.
Technäpfchen sind Fettnäpfchen im technologischen Kontext: 10 Uhr, Jour fixe per Videocall. Ein Kollege redet und redet schon minutenlang. Ohne nachzudenken rutscht einem ein „Alter, komm mal zum Punkt!“ raus. Erst als peinliche Stille folgt, realisiert man, dass das Mikrofon nicht ausgeschaltet war und das ganze Team den Kommentar gehört hat – ein typisches Technäpfchen.
Miss Rona ist eine Verniedlichung oder Euphemisierung für das Coronavirus, die es leichter macht, über das Virus zu sprechen: „Ich wollte diesen Sommer zu einem Festival gehen, aber dann kam Miss Rona vorbei.“ Ein drastisches Gegenbeispiel ist der Dysphemismus „Boomer Remover“, der darauf anspielt, dass die Coronapandemie verstärkt das Leben älterer Menschen bedroht.
FemBoy (kurz für Feminine Boy) ist eine Bezeichnung, die auf Social Networks wie TikTok für Jungen und Männer verwendet wird, die sich nicht entsprechend der traditionellen Geschlechterrollen verhalten, sondern mit femininen Attributen experimentieren. Die gender-atypische Ausdrucksweise, etwa durch den Kleidungsstil, ist dabei nicht automatisch mit einer bestimmten sexuellen Orientierung verknüpft. Die Sichtbarkeit von FemBoys ist ein wichtiger Schritt zur Normalisierung gender-nonkonformer Identitäten.
Festalgie bezeichnet die coronanostalgische Sehnsucht nach dem Feiern wilder Feste. In ihrer Extremform schließt die Festalgie auch sehr langweilige Partys mit ein – und kann sogar von Personen empfunden werden, die unter normalen, nichtpandemischen Umständen nie feiern gegangen sind. Ein typisches Symptom ist das sehnsüchtige Scrollen durch Partyfotos vergangener Zeiten.
One-Minute-City ist eine Variante des erfolgreichen Konzepts der 15-Minuten-Stadt, die derzeit in mehreren schwedischen Städten getestet und ausgewertet wird. Ziel ist die Förderung hyperlokaler Kultur und Mobilität auf Basis eines cleveren, kostengünstigen und modularen Baukastens. Im Zentrum steht dabei eine erweiterbare Holzplattform, die an lokale Bedürfnisse angepasst werden kann, um etwa Spielplätze, Outdoor-Fitnessstudios, städtische Gärten, Lagerräume oder soziale Treffpunkte im Freien zu schaffen.
Manpliments sind Komplimente von Männern an Frauen für Dinge, die sie genauso gut können wie Männer selbst, als ob das eine große Sache wäre. Typische Manpliments sind zum Beispiel: „Super eingeparkt!“, „Du kannst aber gut mit der Bohrmaschine hantieren!“, „Du bist aber stark!“ Eine enge Verwandtschaft besteht zu den Phänomenen des Mansplaining und der Manslation – dem arrogant-besserwisserischen Kommunikationsgehabe von Männern gegenüber Frauen.
Solidarihealth beschreibt einen Trend im Spitzensport, der ebenfalls durch die Coronapandemie vorangetrieben worden ist und die mentale Gesundheit in den Fokus rückt: Die Öffentlichkeit zeigt mehr Empathie und Verständnis für Spitzensportlerinnen, die ihre Gesundheit priorisieren. Prominente Beispiele sind Naomi Ōsaka und Simone Biles, die ihre Teilnahme bei den French Open 2021 beziehungsweise bei den Olympischen Spielen aufgrund mentaler Probleme abbrachen.
FurNEARture greift den Trend zu lokaler Produktion auf, der nach der Gastronomie und Modebranche auch in der Innenarchitektur Einzug hält. Es geht um Möbel, die so lokal wie möglich hergestellt werden und aus Materialien bestehen, die ebenfalls lokal oder regional bezogen werden (zusammengesetzt aus „furniture“ und „near“). Damit weist FurNEARture einen weitaus geringeren CO2-Fußabdruck auf als das unnachhaltige Pendant der FARniture.
Urburbs sind Vorstädte mit städtischem Flair – die derzeit einen Aufschwung erleben, da es immer mehr Menschen aus den Innenstädten herauszieht. Menschen, die in Urburbs leben, sehen sich selbst eher als urban, sie schätzen Vielfalt, Kultur und Hipster-Cafés – und wollen zugleich vom großen Platzangebot, von den Parkplätzen und Grünzonen der Vorstadt profitieren. Mitunter sind Urburbs auch Teil von Technoburbs – Vorstädten mit Bürogebäuden, die sich in die suburbane Atmosphäre einfügen.
Nocoiner ist ein Begriff aus der Kryptoszene und bezeichnet eine Person, die keine Bitcoins oder andere Kryptowährungen besitzt beziehungsweise skeptisch gegenüber Kryptowährungen ist. Oft wird die Bezeichnung abfällig gegenüber Nicht-Nerds außerhalb der Krypto-Community verwendet.
Dogcrastination bezeichnet das Prokrastinieren mithilfe eines Hundes während der Coronakrise: Ein lebendiger, bellender Freund sorgt für Abwechslung im Lockdown. Leider hat das Phänomen auch eine dunkle Seite: Je länger der Lockdown zurückliegt, umso mehr Tiere landen im Tierheim. Die Dogcrastination ist nur bedingt alltagskompatibel.
Finsta (zusammengesetzt aus „Fake“ und „Instagram“) ist ein beliebtes Phänomen unter Teenagern: Während auf einem öffentlichen Instagram-Account für alle Welt gepostet wird, dient das weniger prestigeträchtige Finsta-Profil dem Teilen von Bildern unter engen Freunden – wobei üblicherweise weniger Aufwand in der Außendarstellung betrieben wird. Paradoxerweise werden auf dem Finsta-Account daher meistens realistischere Bilder gepostet.
Innen- und Außengastritis bezeichnet die ständige Unsicherheit im Kontext der Coronapandemie, ob und inwieweit Restaurants nun geöffnet haben und welche Präventionskonzepte wann, wie und wo gelten.
Sperrstunden? Betrieb nur draußen? Maskenpflicht auch im Innenraum? 3-G- oder 2-G-Regel? Registrierung mit der Luca-App? All dies sind Symptome der neuen Gastritis, die einem den Kopf schwirren lassen können.
Cardening bezeichnet als Zusammensetzung von „Car“ und „Gardening“ eine automobile Variante des postpandemischen Pflanzenwahns – und zugleich eine späte Weiterentwicklung der Vase im VW Käfer. Zu den empfohlenen Cardening-Pflanzen gehören Kakteen (die sich allerdings nicht mit Airbags vertragen) und Bambuspflanzen (nur Zwergsorten!). Pflanzen im Auto wirken nicht nur positiv auf Luftqualität und Geruch, sondern werden aufgrund ihrer beruhigenden Wirkung auch als Mittel gegen Stress und Frust im Stau empfohlen. In städtischen Kontexten spricht man von der Spielart des Urban Cardening.