Um neue Mehrwerte in der heiß umkämpften Tourismusbranche zu generieren, müssen innovative Identitätsprofile für Reiseziele geschaffen werden.
Genius Loci – Der Geist des Ortes wird zum Reiseziel

Die Deutschen sind Weltmeister im Reisen. Dabei bleibt das Heimatland laut der Reiseanalyse 2015 Reiseziel Nummer eins. Über 30 Prozent der deutschsprachigen Bevölkerung bevorzugen Reisen innerhalb Deutschlands (FUR 2015). Aber in zunehmenden Maße finden auch ausländische Touristen ihren Weg in unsere Regionen.
Dagegen stagniert die Urlaubsreise-Intensität der Deutschen nach einer stetigen Zunahme bis in die Mitte der 1990er Jahre auf hohem Niveau (vgl. FUR 2014). Dies bedeutet, dass sich eine immer größere Anzahl von Anbietern einen gleichbleibenden Markt teilt. Während Deutschland und Spanien unangefochtene Spitzenreiter in Europa sind, was die Anzahl der jährlichen Übernachtungen in Beherbergungsbetrieben angeht, verzeichnen Länder wie Italien, Großbritannien, Frankreich, Finnland und Österreich Verluste (Eurostat 2015). Um künftig Wachstum für die eigene Tourismusregion oder -immobilie zu schaffen, werden intelligente und innovative Erweiterungskonzepte zum existierenden „Destination Building“ benötigt.
Zunächst muss evaluiert werden, wie in einer immer stärker digital durchdrungenen Branche nach Reisezielen gesucht wird und welche Faktoren die Entscheidung beeinflussen. Zu den häufigsten Informationsquellen gehören traditionelle Empfehlungen von Freunden und Verwandten, die Verwendung von sozialen Medien und Reisemagazinen sowie die direkte Internetsuche in Blogs und anderen Bewertungsportalen. Bei der Entscheidung bleibt weiterhin ein klassischer Faktor wichtig: der Ort selbst, die Lage und das Umfeld.
Wer das Glück hat, wirklich neue Lagen entwickeln zu können, dem stehen die üblichen Lösungskonzepte des Destinationsmanagements zur Verfügung. Schwieriger und komplexer wird es, etablierte Reiseziele zu neuem Wachstum zu führen. Die Architektur bietet über unterschiedliche Ansätze ein Schlüsselinstrumentarium, um innerhalb dieser gewachsenen Identitäten neue Erzählungen zu erschaffen und alte Reiseziele neu zu kreieren.
Innerhalb einer entwickelten Region kann „nachverdichtet“ werden, d.h. ein bisher unbekannter Ort innerhalb des bekannten Umfeldes wird in den Vordergrund gestellt und seine Schönheit und Stärken hervorgehoben. Neue Aspekte im Genius Loci werden zelebriert und dessen „Entdeckung“ gefeiert. Der Begriff der Authentizität beginnt sich in diesem Bereich bereits abzunutzen – der „Educated Customer“ erwartet wahrhaftige lokale Erlebnisse, die maßstäblich meist kleiner gedacht werden müssen. Statt kopierbarer Inszenierungen, die das Authentische simulieren, erwartet der Kunde eine nachvollziehbare und glaubwürdige Botschaft.
Fehlt das Potenzial noch „aktivierbarer“ Lagen, besteht die Möglichkeit, einen Ort „neu“ zu erfinden. Dies kann geschehen, indem ein Reiseziel z.B. durch ein kontrastierendes Architekturkonzept gegen die „Normalität“ der Umgebung besticht und dadurch Bekanntheit erlangt. Sind auch für diese Potenziale die finanziellen oder behördlichen Barrieren zu hoch, kann man mit temporären Bespielungen experimentieren und Anreize durch die „Verknappung“ setzen. So erzeugt die Kurzlebigkeit eines Pop-up eine reizvolle Exklusivität.
Dieser Text ist eine Zusammenfassung eines der beschriebenen Trendphänomene im Immobilien Report 2016. Mehr über Immobilien-Trends, Trendzahlen, die Zukunft der Wohnungswirtschaft und ein Prognosetool zur Immobilienbewertung lesen Sie in der Print-Ausgabe.